Am Morgen lernten wir über die besondere Lage des Ortes: wir waren über den Wolken! Und zwar ziemlich lange. Und am Folgemorgen ebenfalls. Das ist schon prima!
Wir wollten dann aber doch runter ins Tal und hatten uns die Kleinstadt Idrija als Tagesziel ausgeguckt. Idrija stand im Reiseführer drin, galt aber wohl nicht als eine der großen Attraktionen Sloweniens. Umso besser – wir wollten ja auch dem etwas auf die Spur kommen, was „Slowenien“ ausmacht. Die Gegend war schon mal ganz gut dafür. Wieder fuhren wir viele sehr kurvige enge eher schlechte Straßen umher, kamen an kleinen Häuseransammlungen vorbei und sahen sehr wenige Menschen. Dass wir auch wenig Autos begegneten, war sehr angenehm, die Straßen waren schmal, die Abhänge steil und so konnte man befürchten bei Unachtsamkeit leicht herunter zu purzeln.
Auffällig fanden wir den guten Zustand der Häuser. Sie waren recht groß und ordentlich verbaut. Aber einige Fragen blieben: womit verdienten die Leute hier ihr Geld? Wie ist es, so einsam zu wohnen? Wo und wie gehen die Kinder zur Schule? Was machen die Menschen den ganzen Tag?
Wir kamen also in Idrija an. Wenig Verkehr, kostenloser Parkplatz, ein paar größere Firmen am Rand und eine kompakte kleine Stadtmitte.
Idrija ist eine sehr geschichtsträchtige Stadt. Hier ist ein Denkmal, welches die Partisanenbewegung gegen die faschistische Besatzung im 2. Weltkrieg symbolisiert. Mann und Frau waren hier gemeinsam aktiv. Aber bevor wir uns der Geschichte wirklich nähern wollten, wollten wir erstmal Mittag essen – und das war ein Problem! Es gab kein offenes Lokal! Also keines, wo man gute Gerichte, am besten sogar Spezialitäten der Region oder Sloweniens würde bestellen können. Was in Frage gekommen wäre, war zu. Ob nur heute oder dauerhaft war nicht ersichtlich. Wir strolchten erfolglos herum. Und landeten in einem Café mit kleinem TK-Pizzaangebot. Sowas….
Idrija war aber nicht nur wegen dem antifaschistischen Widerstand bekannt sondern hauptsächlich wegen dem Quecksilber. 1493 wurde hier erstmals Quecksilber gefunden und die gebauten Bergwerke förderten dann Unmengen der Kostbarkeit. 500 Jahre war es das zweitgrößte Quecksilberbergwerk der Welt! Unglaubliche 700 km Stollen durchfurchen die Gegend. Bis zu 1.300 Menschen wurden für die Arbeit benötigt. Slowenien bzw. auch dieses Gebiet standen unter der Habsburger Monarchie und diese war sehr interessiert an der Förderung. Viele wissen- und wirtschaftliche Menschen fanden ihren Weg hierher und in den damaligen Aufzeichnungen ist ziemlich viel in deutscher Sprache zu sehen.
Natürlich ist Quecksilber ungesund und somit hatten die Arbeitenden mit Krankheiten zu kämpfen. Es gab hier auch schon sehr früh eine Nervenheilanstalt. Aber man brauchte das Geld und oftmals wurde versucht, den kargen Lohn durch Schmuggelei aufzubessern. Um das zu verhindern, war u.a. die „Berufskleidung“ der Bergwerksleute ohne Taschen!
Als Abstützung für die Stollen und zur Befeuerung der Öfen brauchte es sehr viel Holz. Und die Menschen brauchten weiteres zum Heizen und Kochen. Somit war die Gegend schnell abgeholzt und voller Probleme. Davon sieht man heute aber kaum noch was. Dafür kann man ein stehengebliebenes hergerichtetes Arbeiterhaus besichtigen. Im Erdgeschoss wohnten Tiere, darüber eine Familie, der es etwas besser ging und nach oben hin wurde es immer einfacher. Vor bzw. um das Haus herum hatte man Gemüsegärten. Die Leute waren vom Land hergezogen und kannten das Stadtleben nicht. Vorsichtshalber haben sie ihre Schweine und Kühe mitgenommen.
Dieses Museum war eigentlich geschlossen, aber im großen Stadtmuseum wollte man uns der Besuch doch möglich machen und ein junges Mädchen mit uns dahin geschickt. Sie war Schülerin mit Ferien und jobbte im Museum. Wir waren die ersten Gäste, die bei ihr eine Führung bekamen und sie hat es richtig gut gemacht. Ich wäre damals viel zu schüchtern für so etwas gewesen und fand sie sehr mutig.
Die Leute hier hatten einen sehr kurzen Arbeitsweg – die eine Mine war direkt nebenan und liegt heute brach.
Danach gingen wir in das Museum. Es war im Schloss Gewerkenegg und riesig. Dieses Schloss wurde damals nicht zum residieren von royalen Personen oder zur Verteidigung gebaut (bzw. auch, aber nicht in erster Linie) sondern tatsächlich als Verwaltungssitz für die Bergwerke und Lagerungsort für das Quecksilber und Lebensmittel.
Die Mauern im Innenhof waren hübsch gestaltet:
Dieses Stadtmuseum ist so groß, dass man viele Tage bräuchte, um alles aufzunehmen. Sie haben sehr viel zusammentragen können und es auch sehr interessant aufbereitet, aber es war einfach zu viel und die Geschichte ja auch lang von Quecksilberentdeckung bis zur Schließung der Bergwerke in den 90er Jahren.
Eine Fotonotiz habe ich gemacht – und zwar wie sich slowenische zwangsrekrutierte Soldaten, die für die italienische Armee kämpfen sollten, aus Protest gegen die neue Herrschaft mit an sich selbst dekorierten Makkaronis fotografieren ließen.
Außerdem gab es im Museum eine Abteilung für die Spitzenklöppelei, für die diese Gegend ebenfalls berühmt ist. Es ist schon verrückt, was für Muster man da auf komplizierte Art zusammen klöppeln kann. Die Spitzenklöppelei wird seit ca. 300 Jahren betrieben und es gibt hier auch eine Schule dafür.
Die Gegend war also recht wohlhabend, aber mit dem Quecksilber hatte es Anfang der 1990er Jahre ein Ende und alle Bergwerke wurden still gelegt. Aber man war hier findig und neue Firmen konnten die arbeitende Bevölkerung aufnehmen und weiter beschäftigen.
Paar weitere Bilder aus Idrija:
Groß war die Fotoausbeute nicht.
Mein Fazit des heutigen Tages war dahingehend, dass ich zwar dazu lernte, aber mir meine enormen Wissenslücken viel bewusster wurden.
Wir kauften noch Abendessen beim Spar (ich finde es immer wieder befremdlich in einem Land mit sehr fremd aussehende Sprache auf Schildern so viele gewohnte Einkaufsläden wie Lidl, Spar, Hofer/Aldi, Obi und DM zu sehen) und fuhren die aufregende Straße zurück. Man muss wirklich höllisch aufpassen, da Einheimische viel Vertrauen haben, dass sie mit dem Gegenverkehr nicht in Kollision geraten.
Und dann haben wir einen kleinen Spaziergang durch das kleine Jazne gemacht und uns gewundert, wie die Menschen hier so leben. Was man auf den Bildern auch ansatzweise sieht: in Slowenien haben sie total viele kleine Gemüsegärtchen. Auf dem kleinen Rechteck unten wurden Kartoffeln geerntet. Es wuchsen viele Tomaten und Kürbisse und Bohnen und sonstiges Allerlei. Und diese Kirche, die läutete mit verschiedenen Glocken zu seltsamen Zeiten (also keinesfalls zur vollen Stunde).
Wir hatten jedenfalls einen kleinen Eindruck vom ländlichen Slowenien bekommen und würden diesen am nächsten Tag erweitern, indem wir zu einem anderen Dorf fuhren.