Arunachal Pradesh: Aalo – Fröhliche Feierei

1. Dezember 2025

 

 

Nein, hier feiert man kein vorgezogenes Weihnachten, aber in Aalo wurde bereits die Deko in den Geschäften offeriert. Auch Bäumchen gab es:

 

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Wir waren also in Aalo, einer Kleinstadt und weiteren Heimat der Galo. Dort gibt es ein nettes Marktviertel, da gab es neben Weihnachten ein bisschen was zu sehen.

 

Marktfrau

 

Gegrillte Ratten

 

Friseurreihe

 

Schaufensterpuppen

 

offene Bücherei

 

Der Nordosten Indiens ist ja geprägt von sehr vielen indigenen Gemeinschaften. Für diese gelten in Indien oft spezielle Regelungen, u.a. z.B. in Artikel 371 ausgeführt. Hier entstand ein umfassender Rahmen, um regional sehr unterschiedliche Bedürfnisse und Schutzbedarfe innerhalb Indiens zu adressieren — von Autonomie über Landrechte bis zu gesonderten Fördermaßnahmen. Für Arunachal Pradesh gilt der Artikel 371H. Der besagt hauptsächlich zwei Punkte: a) der Gouverneur hat eine besondere Entscheidungsgewalt (er muss sich zwar mit seinen Ministern abstimmen, darf im Streitfall aber alleine entscheiden), die ihm jedoch der Präsident Indien wieder entziehen könnte (kam bisher nicht vor) und b) das Landesparlament muss aus 30 Mitgliedern bestehen. Das ist schon mal so einiges. Aber was den Leuten fehlt ist eine Erweiterung um Landrechte, was andere Bundesstaaten drin haben.

 

Landrechte sind super wichtig insbesondere in Minderheitengesellschaften. Wer darf bestimmen, wo in das Land eingegriffen wird in Bezug auf Bodenschätze, Energieprojekte, Straßen, Wälder, Agrarflächen usw. Wer darf eingreifen (und daran verdienen)?. Außerdem ist es auch wichtig in Bezug auf Investoren z.B. im Tourismus. Investiert jemand von außerhalb in den Hotelbau und greift sich die Verdienste ab oder bleibt das Geld im Bundesstaat? Gerade indigene Gemeinschaften können nicht auf finanzielle Ressourcen zurück greifen, mit denen sie investieren können. Oder eben auch kontrollieren – wieviel Tourismus möchte man? Wieviel Industrie? Was genau?

 

In der Vergangenheit wurde Land gemeinschaftlich von Clans oder Dörfern besessen und verwaltet. Spätestens nach der Gründung Indiens gehörte es der Regierung, wobei es Land Possession Certificates (LPCs) gibt, d.h. Besitz und Nutzungsrechte, aber keine formalen Eigentumsrechte. 2018 wurde das geändert und die Besitzenden bekamen Eigentumsrechte, d.h. sie können nun ihr Land vererben, verpachten, verkaufen. So ist es nicht mehr traditioneller besitz sondern auch ein wirtschaftlicher Vermögenswert.

 

Wenn man tiefer einsteigt, findet man damit sehr viele Diskussionspunkte, ungelöste Fragen, Korruption, mangelhafte Vermessung und spezielle Auslegungen. Das ist mir jetzt hier aber zu viel um das alles aufzudröseln. Hauptsächlich ist mir wichtig zu erwähnen, dass Landbesitz und dazugehörige Regelungen immens wichtig sind, in welche Richtung sich ein Ort/eine Gegend/ein Bundesland entwickelt. Hier ist es jedenfalls nicht in Stein gemeißelt sondern im Fluss.

 

Umzug

 

Um den Einflüssen von Außen mehr Widerstand zu leisten und für mehr Zusammenhalt im Inneren zu sorgen, hat man den Indigenous Faith Day eingerichtet, seit 2013 wird dieser Tag jeweils am 1. Dezember gefeiert. Und ja, genau an diesem Tag befanden wir uns in Aalo und konnten bei den Feierlichkeiten dabei sein!

 

Die Indigenen haben eine Fahne, diese rote Sonne mit vielen Strahlen auf weiß. Die kann man auch an manchen Häusern sehen. Und so zog man durch die Straßen, schwenkte Fahnen, sang Lieder und eine Art Spielmannszug war auch dabei.

 

Parade

 

Wir gingen zu dem Festplatz, wo es ein – ja, wie nennt man es – Gläubigenhaus? gab. Man hatte ja keine Tradition an Tempeln, Kirchen oder sonstwie, fand aber die Idee gut, ein gemeinsames Haus für den Glauben zu haben. Und so gab es nun dieses und der Aufbau, die Kerzen usw. waren quasi jeweils woanders ein bisschen abgeguckt – oder übernommen.

 

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Woanders wurde schon tüchtig gekocht – sehr fleischlastig. Mich faszinieren immer wieder die großen Kochtöpfe.

 

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Dann kam die Prozession an. Es gab sehr viele Galos, aber auch ein paar andere. Eine ganze Reihe Schamanen war auch dabei. Als sehr wichtige Personen kamen, machte man ein Spalier, wo jemand in der Mitte den Takt vorgab und die anderen in einem Singsang im Stehen quasi miteinander schunkelten.

 

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Es gab etwas zu essen, später noch mehr zu essen, eine große Halle mit vielen Reden, die wir nicht verstanden und man konnte sich auf dem Gelände aufhalten, es wurde viel fotografiert und wir waren die einzigen Wrestlerinnen. Die Leute waren sehr freundlich und schienen sich über unseren Besuch und Interesse zu freuen. Ich hab nicht ganz so viele Bilder gemacht – hier sind sie:

 

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Ich fand es schön mitzuerleben, wie sie ihre Gemeinschaft leben und feiern. Die Indigenous Faith Day steht da als Signal von Solidarität und Verbundenheit gegen Konversion und kulturelle Auslöschung – und sorgt natürlich auch für Sichtbarkeit.

 

Ich denke, nicht nur religiöse Angebote spielen bei der Entfernung von Traditionen eine Rolle sondern auch sehr Bildung, die woanders erfahren wird, andere Einflüsse durch soziale Medien und überhaupt das „moderne Leben“, welches für junge Menschen attraktiv/er wirkt.

 

Im nächsten Post geht die Fahrt weiter bzw. wieder zurück nach Assam.