
Für heute war eine Fahrradtour angesagt. Das schien mir eine gute Idee, um ein bisschen Strecke zu machen und trotzdem geruhsam unterwegs zu sein. Und damit man den Weg einfacher findet und Kontakt zu Leuten hat und noch mehr erfährt, buchte ich noch einen Guide und ein Mittagessen bei einer Familie dazu. Und dann ist auch noch Bhakti mitgekommen, eine 28jährige Gujarati, die in Mumbai lebt, gerne in den Bergen unterwegs ist (sie kam gerade aus Arunachal von einem Trek) und alleine reiste.
Die Fahrräder haben wir geliehen, sie wurden nochmal mit dem Sattel angepasst und voll aufgepumpt. Es waren Mehrgangräder, aber ohne Gangschaltung – so hatte man nur einen zur Verfügung.
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Unser Guide heißt Raju – und ist erstaunlicherweise mit 47 Jahren unverheiratet. Selten in Indien. Und seine Eltern rennen ihm auch nicht hinterher, dass es doch mal Zeit wäre. Es scheint mir hier etwas moderner zu sein. So waren wir jedenfalls 3 Junggesellinnen!
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Wir radelten auf Pfaden, Holperstrecken, zwischen Feldern (Senf blüht leider noch nicht, eher Linsen und Kartoffeln) und durch Dörfer. Zuerst ging es zu einem Fluss mit der längsten Bambusbrücke auf der Insel.
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Man kann den Fluss auch auf einer Fähre überqueren – das ist wichtig, wenn man breitere Sachen transportieren möchte. Jetzt lag das Floß auf der anderen Seite herum bzw. diente als Sprungbrett. Lustigerweise kamen da diverse Herren mit ihren Zahnbürsten, sprangen ins Wasser (die Sprünge hab ich nur auf Video) und putzten die Zähne.
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Eine Frau war mit Wäschewaschen beschäftigt.
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Außerdem konnten wir in der Ferne noch ein chinesisches Fischernetz sehen.
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Man muss übrigens für Brückenquerung bezahlen. Alles, was darüber geht, also auch Schweine und Kühe (Schweine = 10 INR, Kühe = 20 INR). Hühner wären vielleicht umsonst. Dafür gibt es einen Kiosk, wo jemand kassiert und wo man sich auch gerne aufhält, Karten spielt und einen Reiswein trinkt. In den Gefäßen auf der rechten Bank befindet sich der Alkohol.
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Direkt nebenan ist ein Dorf. Hier leben die Mishings, eine Volksgruppe, die hauptsächlich auf Majuli beheimatet sind. Sie stammen ursprünglich aus den Hügeln Arunachal und sind aber in die Flussebene runter gewandert. Die Häuser sind traditionell aus Bambus mit Schilfdach auf Stelzen. So ist man geschützt vor zu viel Feuchtigkeit (Schimmel), Hochwasser und hat einen prima Stauraum, Platz für den Webstuhl und Lebensort für Tiere. Die Küche ist immer etwas separat und erkennbar am dunkleren Dach.
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Da der Bambus langsam knapper wird, wird man gefördert, wenn man mit Beton baut. Es gibt schon ganze Betonhäuser und aber auch Mischformen (ebenso mit Wellblech auf dem Dach).
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Es gibt viele Zäune, wirkt aber alles durchaus luftig, freundlich, einladend. Und es war sehr sauber.
Reismörserteil
Die Leute gingen ihrem Tagwerk nach, fischten kleine Fische und holten Reis nach Hause. Fahrräder werden hier gerne genutzt – zur Fortbewegung und zum Transport. Ein Kind hatte gerade ein neues – es hat 9.000 INR (= 90 Euro) gekostet.
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Fischen
Wir kamen noch an einen anderen Fluss, den überqueren mussten. Diesmal ohne Brücke sondern nur mit Fähre. Und nicht bevor wir auch etwas Reiswein getrunken hatten (Raju opferte sich auf) und Pomelo probiert hätte. Man bereitet hier die Pomelo mit Salz und Chilli auf und findet das eine super Kombi.
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Ich hatte sehr schnell keine Orientierung mehr – und auch unser Guide hatte sich einmal verfahren. Dabei hatte ihm ein Dorfbewohner so schön den Weg aufgezeichnet:
Wegplan
Mein Po fing langsam an zu jammern. Es war mit dem Untergrund mit vielen Steinen recht hübbelig. Und so war ich froh als wir endlich unser Mittagsziel erreichten. Der Hausherr war uns schon entgegen gekommen, weil wir uns verfahren hatten und etwas spät dran waren.
Das Mittagessen war ein Highlight! Über eine schmale spezielle Treppe sind wir in ein typisches Bambushaus geklettert, wo schon die Dame des Haus mit dem Essen auf uns wartete. Es gab einen Bambustisch – das ist allerdings für die TouristInnen, sie selber essen eher auf dem Boden. Sie essen auch ohne Besteck – und so hatten wir auch keines. Ah ja, deswegen musste man natürlich erstmal die Hände waschen. Es gab eine Pumpe vor dem Haus, die allerdings mit einem Schlauch von irgendwoher gefüllt wurde.
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Haus
Esstisch
Mittag
Zu Mittag gab es: Reis, Gemüse mit Kartoffeln, ein Gemüse, was ich nicht kenne, ein Kürbisgericht (für die Haut! hat mir am besten geschmeckt), Salat und Dal. Dazu eigentlich Reiswein, aber den wollte wieder nur Raju trinken. Gekocht wurde das Essen auf Holz in Hausmitte auf der Feuerstelle. Auch hier denken sie, dass es auf Holz gekocht viel viel besser schmeckt als auf Gas oder so. Über der Feuerstelle ist ein Konstrukt mit diversen Etagen – kann man gut Sachen warmhalten oder trocknen. Die Temperatur in dem Haus war total angenehm. Dann gab es noch ein Bett, in dem schlafen ihre Schwiegereltern.
Raum
Feuerstelle
Und wo bleibt nun die Romantik? Das ist die Geschichte, die unsere Wirtin uns erzählte. Sie ist von einem Dorf ziemlich weit weg, eine halbe Tagesreise. Und einmal hatte sie einen Anruf, der eigentlich jemanden anderen gegolten hatte. Aber sie unterhielt sich mit dem am anderen Ende der Leitung. Das war schön. Später stiegen sie auf Videocalls um. Und dann hat er sie besucht (so ein langer Weg!) und dann schnell um ihre Hand angehalten. Ihren Eltern war das eigentlich nicht recht, aber was soll man machen, wenn die Liebe da ist?
Gespräch
Sie wohnen im Nebenhaus und haben ein 4 Monate altes Baby. Ist sie damit nicht – wie in vielen Gegenden Indiens üblich – in der Anfangszeit bei ihrer Mutter? Das macht man nur, wenn das Verhältnis zur Schwiegermutter nicht so gut ist. Aber ihre, die ist nett, sie kommen gut aus.
Dann kletterten wir wieder aus dem Haus runter und machten noch mehr Bilder:
weiteres Gespräch (das ist der Ehemann)
Gruppenbild
Unsere Zeit war eigentlich noch nicht so ganz um und wir hätten noch Strecke radeln können. Aber mein Po schmerzte inzwischen so doll und Bhakti ihrer auch und so nahmen wir den kürzesten Weg. Dafür konnten wir noch Brückenschäden sehen.
kaputtes Brückenteil
Nebenan wird an einer Betonbrücke gebaut. Nach Jorhat hin muss man ja immer per Fähre fahren. Da wird auch an einer Brücke gebaut. Man befürchtet zwar, dass es dann mit der friedlichen Beschaulichkeit vorbei ist, aber wegen dem schnellen Zugang zum Krankenhaus und medizinischer Versorgung wird der Brückenbau doch befürwortet.
Felder
Fluss
Ein großes Anbauprodukt ist ja Senf. Beim längeren Weg hätten wir noch eine traditionelle Senfmühle sehen können. Aber so reichte es „nur“ für die elektrische im Dorf.
Senfmühle
Maschine
Reste
Man gibt die Senfsamen immer und immer wieder in die Maschine und die presst und presst. Bis irgendwann wirklich nix mehr drin ist. Die Überreste geben einen super Dünger ab.
Das war ein prima Ausflug gewesen. Wir sind ca. 23 km geradelt – nicht so viel, aber zu viel für Po. Dabei sind wir öfters angehalten und haben geguckt und Sachen erklärt bekommen oder einfach so geschwätzt. Es war wirklich sehr harmonisch – genauso wie die Insel mit ihren Dörfern und Menschen. Am Ende haben wir noch einen Tee in der Unterkunft getrunken und unserem Wirt gedankt. Hier ist er mit auf dem Bild.
mit Wirt
Majuli hat mich dann also nach dem schlechten Start doch noch begeistert. Mit Bhakti habe ich Kontaktnummern ausgetauscht – und jetzt noch jemanden, den ich in Mumbai besuchen könnte!
Vielleicht sind manche von den „neuen“ reisenden InderInnen auch unangenehm, aber es gibt definitiv die, die sehr angenehm und eine Freude sind. Bhakti gehört dazu. Und Monjit ist auch ein Gastgeber, wie man ihn sich nur wünschen kann. Das klingt ja schon nach Abschied und ich wollte am nächsten Tag auch nach Jorhat.
Aber davor wollte ich noch was alleine gucken, wo ich wohl später mit der Gruppe auch noch mal hinkomme.