Burana + Chon Kemin – organisiertes Reisen

3. + 4. August 2023

 

 

Puh – ich habe bisher kaum Erfahrungen im vororganisierten Reisen. Einzelne Trekkingtouren manchmal ja und als Reiseleitung war ich ja auch schon mehrfach organisiert unterwegs – aber noch nie so von Anfang bis Ende. Und ich stellte es mir diesmal wunderbar entspannend vor, weil ich gerade etwas müde war von ständigen Entscheidungen und mich um mich kümmern müssen.

 

Guides sind hier in Kirgistan sehr teuer – man zahlt nicht nur ihr Gehalt sondern auch voll für deren Unterkunft und Essen – und für einen Fahrer auch noch. Also haben wir ohne Guide gebucht. Unser Fahrer spricht kein englisch, aber kommuniziert mit Google Translate und ist sehr freundlich. Allerdings bekamen wir einen Schock, als wir sein Auto sahen: einen 17-Sitzer! Ein riesiges Auto! Das hat nun 15 leere Sitze hinten und wir beide hocken vorne und gucken von oben auf die anderen kleinen Autos. Keine Ahnung, wieso es nun gerade dieses riesige Auto sein soll. Ich werde es danach erfragen.

 

Wir fuhren zuerst zum Burana Tower – der steht einige Kilometer abseits der Hauptstraße herum.

 

Tower

 

Er ist ein rgroßes Ex-Minarett, welches früher noch viel höher war. Erdbeben usw. haben ihn schrumpfen lassen. Man hat jetzt viel wieder ausgebessert und schick gemacht, aber nicht die Originalhöhe. Daneben waren Moschee und Palast und Dorf usw., aber das ist alles nicht mehr da. Es gibt Pläne, das nochmal nachzubauen, aber keine Ahnung, wie es so um Pläne bestellt ist. Jedenfalls hat man von oben einen schönen Blick runter.

 

runtergucken

 

Daneben gibt es noch ein Feld mit Balbals, das sind so „geschnitzte“ Steine, die nach dem Tod von jemanden angefertigt wurden und dann in der Landschaft herumstehen. Gefühlt sind 90% der Balbals männlich. Und es gibt Mahlsteine und ganz paar kleinere Felsen mit Felszeichnungen.

 

Balbals 1

 

Balbals 2

 

Mahlsteine

 

Felszeichnung

 

Es war dort sehr ruhig, sehr ländlich und sehr heiß. Dann fuhren wir weiter.

 

Fahrtbild

 

Unser Ziel war Chon Kemin. Chon Kemin ist ein langer Fluss, der durch ein langes Tal fließt, was dann ebenso heißt und wo es einen ebenfalls namensgleichen Nationalpark gibt. Das große und anfangs sehr breite Tal führt von 1.400 bis auf 2.800 m hoch. Vorab gesehene Bilder stammten wohl aus dem hinteren Teil des Tals und das sah toll aus. Wir allerdings wurden im vorderen Teil untergebracht und den fand ich gar nicht so schön. Also es sah schon ganz nett aus, aber nicht so, dass ich freudig losgewandert wäre. Immerhin waren wir auf 1.800 m am Seitenhang und es war angenehm kühl.

 

Leider verabschiedete sich der Fahrer – er heißt Erik – recht schnell, er müsse zur Reparatur und käme dann übermorgen wieder. In der weitläufigen Unterkunft waren viele Leute, aber wir konnten nicht wirklich ausmachen, wer eigentlich Gastgeber war. Wir studierten Maps.me. Ich hege eine große Begeisterung für Maps.me, da es mir bisher überall alle Pfade anzeigte und ich damit sehr gut zurecht kam und rumwandern konnte. Allerdings zeigte uns Maps.me diesmal nur ab Unterkunft 2 Pfade à je 1 Std. und interessantere Pfade weiter weg, zu denen man erstmal hinfahren musste. Auf unserem Tourplan stand „Day in Chon Kemin. It is possible to hike up into surrounding mountains or make a day trip to a small wooden lodge at 2800m. Here are also horses for rent.“ Day-trip ist ja eher Auto, aber wir hatten keines mehr. Ich wurde sehr unwirsch. Ich fühlte mich unfreiwillig irgendwo festsitzend, wo es mir nicht gefiel und wusste nicht was tun. Also Kontakt mit Agentur: Das war auch nicht wirklich geschmeidig, aber es kam ein Mann, der Hilfe anbot. Er ist der Gastgeber und es gäbe hier massig Wandermöglichkeiten, tolle Rundtouren jeglicher Länge, er könne uns einen Guide anbieten und wir könnten bestimmen, wie lange wir laufen wollen. Das war alles auf Übersetzerservice und Gestik. Wir hatten nichts gegen einen Guide für 1 Tag und orderten einen.

 

Es war dann noch Zeit für eine Abendrunde, das war ganz nett:

 

1

 

2

 

3

 

Und abends gab es ein wirklich leckeres Abendessen von einer ganz herzlichen lächelnden Dame serviert. Die Unterkunft ist hübsch, es ist besser temperiert und die vielen Menschen sind auch alle wieder verschwunden. Nur 1 usbekisch-kirgisische Familie mir 2 Kindern waren weitere Gäste.

 

Nach dem Abendessen

 

Am nächsten Morgen trafen wir unseren Guide. Es war der Sohn. Der war 15 und kommunizierte eher gar nicht. Es gab auch keinen Empfang für Handy-Übersetzungsservice. Wir stapften ihm hinterher den Fluss hinter dem Haus bergauf.

 

1

 

2

 

3

 

Man musste den Fluss mehrfach queren und es ging einfach immer nur weiter hoch. Wir schafften eine Gestikkommunikation: er würde uns nur nach oben und wieder runter führen. Keine Rundtour. So gar nicht. Ich bekam schon wieder einen innerlichen Wutanfall: dazu hätte es wirklich keinen Guide gebraucht sondern nur die einfache Erläuterung, dass man dem Fluss auf einem leicht erkennbaren Pfad einfach nur nach oben gehen muss – und maps.me das nicht kennt. Es waren schon einige Höhenmeter zusammen gekommen, wir wurden etwas schlapp und wussten auch nicht, ob uns irgendwas Tolles erwarten würde und beschlossen, nach dem Lunchpaket wieder runter zu gehen. Prinzipiell war die Strecke nicht so toll, es unterschied sich nicht sehr von den Alpen und war einfach viel bewaldet. Meine Erwartungen waren auch noch aufgrund der Internetbilder ganz andere. Ich wollte Staunen und im Bergglück sein! Immerhin war das Lunchpaket wirklich nett.

 

Lunchpaket

 

Und als wir da so saßen, kam ein Mann von unten hoch. Es war der Familienvater. Er sprach englisch und dolmetschte. Warum wir wieder runter wollen würden – da oben gäbe es eine tolle Aussicht. Nur noch 1 Stunde stramm hoch. Er sei zwar auch schlapp, aber er würde es noch gehen wollen. Wollen wir nicht alle zusammen? Na gut.

 

Es wurden dann insgesamt 900 Höhenmeter, oben war ein Holzhäuschen (das von der „Day-Trip-Beschreibung“), ein leerer Schafpferch, ein kaum bellender Wachhund und eine nette Aussicht. Also schon besser als was es bis dahin gab – aber keineswegs so, dass ich es meinen Reisenden empfehlen würde, damit sie aus dem Häuschen sind. Immerhin konnte ich in dieses Häuschen hineinschauen und sehen, wie der Schäfer lebt. Wie schade, dass er nicht da war.

 

Holzhaus

 

Innen 1

 

Innen 2

 

Pferch

 

Wachhund

 

Blick

 

ich

 

Wir konnten ein wenig mit dem Mann reden. Er ist usbekisch, lebte aber schon lange in Osch und jetzt in Bischkek. Er ist Bankangestellter, aber da bekommt man zu wenig Verdienst und so hat er noch eine Bekleidungsfertigungsfabrik oder so. Absatzmarkt hauptsächlich Russland. Er ist 33 Jahre und war das erste Mal so wandern. Sonst sitzt er im Auto oder auf dem Bürostuhl. Seine Frau findet er toll – sie ist die jüngste – ja, ich weiß nicht genau wie es hier heißt, aber irgendwas mit der Regierung. Jüngste bedeutendere Politikerin oder so. Russland-Krieg? Alles wegen USA. Jetzt ist blöd mit Europa, oder? Ging da nicht 50% von Russland hin? Also schlechte Wirtschaftslage. Und dann erinnerte ich mich an den Ausspruch, dass man lieber nicht über Politik redet. Immerhin half er mir super bei manchen Flussquerungen und überhaupt war er sehr nett.

 

Flussquerung

 

Der Guide war inzwischen schon runtergelaufen. Ich vermute aber nach Absprache mit Herrn Usbek.

 

Ich bin gerade nicht so ganz gelassen. Ich hoffte auf eine geschmeidigere Reise. Es holperte allerdings weiter….