Vor vielen Jahren – ich kriege gerade nicht mehr raus, wann es war – lernte ich Nawang Phuntsog, den Inhaber der Nomadic Woollen Mills, kennen. Ich habe damals einen Kaschmirwollschal für meinen Bruder erworben. Und festgestellt, dass ich mich sehr gerne mit ihm unterhalte, er ist voller Geschichten! 2018 war Nawang in Deutschland und hat dort seine Schals eingeführt. Ich habe ihn begleitet und mich dann entschlossen, sie selber zu vertreiben. Ich habe von ihm total viel darüber gelernt und konnte auch diverse Produktionsstätten besuchen. Ich liebe seine Schals immer noch, habe über die Jahre so einige verkauft, aber ich habe mit dem Vertrieb aufgehört. Ich war damit nicht so wirklich gut.
2019 habe ich in meiner Ladakh-Winterzeit zum größten Teil bei ihm gewohnt. Das war schön. Da habe ich auch seine Frau Chorol ein bisschen besser kennengelernt und die drei Kinder. Es sind alles Jungen, der letzte eine sehr frühe Frühgeburt. Damals war er noch ein Baby und man hat gehofft, dass er mal würde sehen können. Aber das passierte nicht, er ist blind und kann nur Helligkeit und Dunkelheit unterscheiden. Nichtsdestotrotz ist er ein sehr zufriedenes Kind, der gerne hört und insbesondere sich für Musik begeistert. Er singt, er nutzt Sachen als Rhythmus/Trommelinstrumente und hört am liebsten Sufi-Musik. Zuerst waren wir etwas im Wohnzimmer und tranken heiße Getränke.
Danach mussten wir uinbedingt Nawangs neues Studio anschauen. Es ist nicht weit von ihm in Choglamsar. Hier sind bereits einige Spinnräder und Webstühle zur Eigenproduktion von Kaschmirwollschals – die dann anders ausfallen als die von Maschinen gewebten. Überhaupt sind die Webstühle auch ganz neu für Ladakh. In diesem Studio werden Frauen ausgebildet für die Produktion bzw. eben auch Stücke zum Verkauf hergestellt. Nawang ist nie an dem Punkt stehengeblieben, wo er etwas erreicht hatte, was er dann einfach weitermachte, sondern er hat immer geschaut, wie sich Sachen verändern und verbessern lassen. Immer auch mit dem Ziel, viele Teile der Produktionskette möglichst nahe zu den Ziegen zu bringen (manches wie großes Maschinenweben ist durch die klimatischen Bedingungen in Ladakh zumindest bisher nicht möglich).
Dann haben wir uns oben auf das Dach gestellt und die baulichen Entwicklungen in Choglamsar angeguckt. Noch vor 4 Jahren war die Gegend ziemlich leer, jetzt sind schon viele neue Gebäude entstanden und im Bau. Die Gegend ist Indusnah, d.h. Feldbewässerung ist eher nicht, aber das Grundwasser hat eine gute Qualität.
Die Jungs haben Fahrräder, die sie sehr gerne nutzen – wie hier auf dem Heimweg.
Zurück im Haus hatte Chorol schon lecker Mittagessen gekocht (Auberginen). Ich habe mir den Bauch fast zu voll geschlagen.
Da war es gut, dass wir danach alle zusammen noch einmal nach draußen aufbrachen, Richtung Indus. Dabei mussten wir durch eine große Firma durch. Solche Anblicke sind mir auch noch recht neu in Ladakh.
Es ging vorbei am Eishockeyring. Da konnte man aber nicht mehr spielen, da schon zu viel getaut war.
Wir mussten kleine Flussläufe queren:
Und dann habe ich riesig gestaunt: Es gab ein Outdoor-Gym! Mit einem gepflasterten längeren Weg – zum joggen? zum radeln? zum spazieren? Ich „musste“ massig Bilder machen. Es wirkte so absurd – andererseits: es gibt auch immer mehr Ladakhis, die im Büro rumhocken und nicht automatisch massig Bewegung haben.
Der nahe Indus macht die Gegend trotz der Baufirma, den anderen Gebäuden und einer auch im Winter gut befahrenen Straße doch recht attraktiv.
Und dann wurde es bald dunkel und wir mussten uns verabschieden. Es ist eine absolute Wohlfühlfamilie, deren Gesellschaft man gut genießen kann. Der Umgang miteinander, mit den verschiedenen Eigenheiten und der noch engere Zusammenhalt mit dem speziellen Kind, die auch mehr Körperkontakt erfordert ist super angenehm.
Und am nächsten Tag wartete dann das Dosmoche-Festival auf uns!