Delhi – Gegensätze, Genuss und Gelächter

27. – 29. Oktober 2023

 

 

Indien gilt als Land der Gegensätze – und wie schon öfters festgestellt, fasziniert mich dabei besonders die Gleichzeitigkeit und räumliche Nähe. In Chanakyapuri, wo mein Cousin wohnt und ich untergekommen bin, gibt es eine kleine Marktgegend. Eine Reihe von Minigeschäften offerieren ein breites Angebot an günstigen Sachen wie Friseur, Schneiderei, Esswaren, Handyzubehör usw. Daneben gibt es sehr schicke Restaurants und ein neu eröffnetes Yogastudio mit Lokal. Der Tee im Yogastudio kostet mehr als 10 x soviel wie der Tee an der Straße. Das Angebot ist also zugeschnitten auf die „reichen Diplomaten“ und wer hier sonst noch so von der Oberschicht wohnt – und deren Angestellte. 2 sichtbare neben- und miteinander existierende Lebenswelten. Spannend zu gucken.

 

Am späten Mittag hatte ich ein Treffen mit einer Frau der Facebook-Gruppe „Host a Sister“. Sie heißt Mokshika, wohnt mit ihrem Bruder bei ihren Eltern in Noida und studiert Chemie mit Schwerpunkt Umweltchemie – 1 Jahr in Frankreich, 1 Jahr in Deutschland (Leipzig). Das Studium ist jetzt abgeschlossen und ein Doktortitel das nächste Ziel. Das möchte sie auch in Deutschland erreichen, es gefällt ihr da prinzipiell. Jetzt war sie aber eben auf längerem Familienbesuch und schaute, wen sie sonst noch so kennenlernen könnte. Wir trafen uns in einem sehr beliebten vollen Restaurant am Connaught Place, welches auch Kuchen offerierte. Ebenfalls alles teuer, aber auch sehr lecker.

 

Mokshika und lecker Torte

 

Ich fuhr noch zu einem Supermarkt für Gewürzeinkäufe und danach erlebte ich schon wieder was, was mein bisheriges Leben in Delhi toppte. Es wurde dunkel, die Straße vor dem Supermarkt sehr voll – und ich fand keine Heimfahrmöglichkeit! Bei Ola bestellte Fahrzeuge bewegten sich nicht (später dachte ich, dass es wohl an Stau lag). Direkt angehaltene Autorickshaws verweigerten mir glatt die Fahrt wenn ich das Ziel angab. „Time Out“ war die Erläuterung, die ich nicht verstand, mir aber später damit erklärte, dass ihnen wohl zuviel Stau auf der Strecke war und da man für Strecke und nicht für Zeit zahlt, war es ihnen verhältnismäßig zu geringer Dienst. Nur einer machte mir ein Angebot: 3 x soviel wie die Strecke eigentlich kostet. Ich ging die Straße entlang, es stank, es war voller Abgase, es war kacklaut, es war sehr unschön. Ein Stück weiter war eine Kreuzung, aber auch da war nichts zu finden.

 

Irgendwann änderte ich mein Ziel und bat einen Rickshawfahrer mich einfach zur nächsten Metrostation mitzunehmen. Diese verweigerte er, bot mir aber eine andere, nämlich New Delhi Railway Metrostation an. Ich willigte ein: nur weg hier. Inzwischen setzten auch Kopfschmerzen ein. Sein Preis war OK und so schlichen wir zum großen Bahnhof. Um den herum gab es eine verkehrsberuhigte Zone – ein kleines Aufatmen und nachsinnieren. In den vollgestopften Straßen kamen immer wieder bettelnde Menschen an die Fahrzeuge und ich dachte: wie gruselig, jeden Tag in diesen schlimmen Abgasen. Am Bahnhof hockten auch so einige rum und ich dachte: na, die haben es ja schon mal ein bisschen besser. Eine höhere Klasse von Bettelnden? Auf den Straßen befanden sich auch massig Zweiräder, gezogene Lastenkarren, Autorickshaws – eben alles was, wo sich Menschen diesen Abgasen ausgesetzt sehen (es gab auch geschlossene Autos, die hatten es am besten). Tag für Tag. Und am Straßenrand gab es Geschäfte, Reparaturwerkstätten, Lager, Manufakturen, Stände – jedenfalls auch alles Orte, wo man direkt den ganzen Tag Abgase und Lärm abbekam. Und die unterwegs-seienden verbrachten nochmal mehr Zeit auf der Straße wegen der ganzen Staus. In Delhi steht andauernd der Verkehr still bzw. es ist eben nicht still, sondern hupt und knattert. Die Metro kann eine Alternative sein, aber sie fährt nicht überall hin (in Chanakyapuri, dem Diplomatenviertel, ist keine), man kann nix transportieren und auch wenn sie insbesondere zu Stoßzeiten im 3-Minutentakt fährt, ist sie sowas von gestopft voll, dass man oftmals Mühe hat, überhaupt reinzukommen.

 

Am Bahnhof fand ich einen Prepaid-Taxistand: Taxi würde nicht nach Chanakyapuri fahren, aber Rickshaw! Nun doch. Ich buchte, ich fuhr – am Ende hatte ich 2 Std. für eine eigentlich 20-30 min Strecke gebraucht. Ich war kopfschmerzig, schwindelig und fix und alle.

 

Am nächsten Tag musste/wollte ich allerdings schon wieder auf die Straße und Siddharth und Familie besuchen. Da hatte ich mehr Glück: um 9:00 ist nicht so viel los:

 

Fahrt

 

Wir plauschten und hatten eine gute zu kurze Zeit zusammen. In der ergab sich aber noch ein Ereignis mit der Nachbarin für den nächsten Tag. Und dann musste ich auch schon wieder forteilen zu einem Treffen mit Sylvie. Sie war fast zeitgleich mit mir in Indien, aber mit dem Motorrad in Uttarakhand unterwegs gewesen. Und lustigerweise hatten wir am selben Tag Rückflug mit nur 30 min unterschiedlicher Zeit. Aber erstmal mussten wir uns zum reden und essen treffen. Das Potbelly offerierte biharische Küche – prinzipiell lecker, aber mir bisschen zu scharf. Sylvie war leichter zu begeistern.

 

Bihari Thali

 

Ich finde es immer lustig und auch besonders, Leute von woanders hier zu treffen. Also ohne dass ich mit denen zusammen reise. Aber so kann man sich dann gut was erzählen, es ist inhaltlich fast wie im Lokal nebenan daheim – nur ist drumherum dann doch alles anders. Und so war es gemütlich und schön miteinander und wir haben uns dann für den nächsten Tag am Flughafen verabredet.

 

Auch bei meinem Cousin und seiner Frau gab es noch Gespräche – dann doch eher Familiengeschichten. Jedenfalls merkte ich, wie angenehm ich es doch finde, bekannte Menschen um mich zu haben. Und dann ging ich ins Bett um am nächsten Tag um 4:45 aufzustehen. Trotz pessimistischer Prognosen kam doch schnell eine Autorikshaw angebraust und fuhr mich durch die späte Nacht in eine ganz andere Gegend Delhis.

 

Fahrt im Dunkeln

 

In Pitampura empfing mich Veena, die Nachbarin von Siddharth und Jas, mit ihrem Mann. Wir bestiegen das Auto und waren um 6:30 im Ex-japanischen Park. Dort herrschte schon einiges Treiben von verschiedenen Leuten. Auf einer Wiese hatte sich eine kleine Gruppe zusammen getan, der wir uns zugesellten: The Laugh Club! Stetig kamen neue Leute dazu, es waren wohl ca. 40-50 Menschen. Man stand im Kreis, machte leichte Körperübungen, die mit einem hahaha-Lachen begleitet wurden und nach jeder Übung klatschte man in die Hände und rief „very good“ „very good“ „yeah“ wobei beim yeah zuerst nur die Daumen und beim 2. Mal die ganzen Arme hochgingen.

 

Bei Ankunft

 

Ich fand das sehr lustig, einerseits absurd, andererseits auch warm und anrührend. Weil sie eine sehr sehr liebe Gruppe waren und dann starten sie ihren Tag immer so! Sie kennen sich, sie mögen sich. In Deutschland ist es unmöglich, so viele Leute über so viele Jahre so regelmäßig für ein gemeinsames Tun zu finden. Man war sehr lieb zu mir und ich habe alle Übungen mitmachen können. Nach den Lachübungen kamen drei Leute mit kleiner Musikanlage, schmissige Musik wurde angestellt und eine Dame und später ein Herr hüpfte in schnellem Tempo herum und machte Tanzbewegungen. Kurz gesagt: Zumba Dance! Ich bemühte mich sehr um korrekte Ausführungen und kam schnell tüchtig ins Schwitzen.

 

Danach war noch Zeit für kleine Gespräche und viele Fotos.

 

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Dann fuhren wir zurück und ich bekam noch einen Kokosnusssaft im Auto und lecker Gobi-Parantha zum Frühstück. Ich hatte sehr gute Laune und mir gefiel Indien wieder ausgesprochen gut. Ich bedauerte, schon abreisen zu müssen. Aber erstmal zurück zum Cousin, wo es noch ein letztes Mittag mit ihm und seiner Frau Shoko gab.

 

Kokosnuss

 

Fahrt

 

Mittag

 

In meinen Delhi-Tagen war ich so gar nicht in Fotografierlaune, aber erfreute mich sehr an den Erlebnissen. Dann also zum Flughafen, dort traf ich Sylvie, wir hatten noch Kaffee und Kuchen zusammen und dann flog ich davon und die Reise war zuende.

 

I love Delhi?

 

Delhi ist wirklich schwierig. Von den Leute her ist es prima-  irgendwer wen ich kenne ist immer da. Aber zu Zeiten diese Hitze! Zu anderen Zeiten diese Luftverschmutzung! Und diese elendig langen Wege und Staus! Ich wurde oft gefragt, wann ich wieder komme. Ich habe keine Ahnung – ich hoffe, dass nicht zu viel Zeit verstreichen wird.