Nagaland -> Majuli/Assam – ein Tiefpunkt am Abend

14. November 2025

 

 

Ich hätte noch länger Nagaland erkunden können, aber mich drängte es auch, etwas mehr vorab von der zukünftigen Diamir-Reise mitzubekommen. Meine Nagaland-Zeit endete mit der Person, mit der sie auch begonnen hatte: Abul. Es war ja nur eine Woche her, dass er mich am Flughafen abgeholt hatte. Und jetzt wollten wir fast dieselbe Strecke wieder zurück fahren. Fast – weil nicht der Flughafen in Dimapur mein Ziel war sondern der Bahnhof.

 

Die Abreise gestaltete sich als etwas holperig – Abul kam und kam nicht. Er steckte im Stau. Aber so richtig. Ich wurde etwas unruhig. Mein Wirt hatte mir mein Frühstück eingepackt und wir plauderten noch etwas. Er ist Anästhesist und betreibt mit seinem Bruder, der Chirurg ist, eine kleine private Klinik. Auch er hat kein gutes Verhältnis zu Indien und fühlt sich nicht in das Staatengebilde integriert. Aber er weiß auch, dass so ein kleines Gebiet wie Nagaland schwer wäre, allein zu existieren. In Ladakh z.B. ist man froh zu Indien zu gehören, da die Alternativen Pakistan oder China wären. Nagaland grenzt an Myanmar. Blöderweise habe ich nicht gefragt, ob diese Alternative für die Nagas denkbar wäre (hole ich nach). Ich hatte ihn über Airbnb gebucht, einer Platform, wo man sich gegenseitig Feedbacks schreibt. Seines über mich fand ich irgendwie „süß“:

 

Airbnb-Feedback

 

Ich bin dann zur großen Straße hoch und sah, dass tatsächlich kein Verkehr vor und zurück ging, es hatten sich große Laster ein bisschen verkeilt. Aber dann tauchte Abul doch auf, ich sprang in das Auto, wir quälten uns noch ein Stück durch den zähen Verkehr – und dann kannte er eine super Alternative und wir hoppelten zur großen Straße. Die war auch voller Tücken mit langsamen Autos usw. und ich war bisschen nervös. Aber Abul drückte auf die Tube, bewies sich als super Autofahrer und schaffte sogar mal 100 km/h. Und dann waren wir sogar viel zu früh am Bahnhof. Aber besser als anders herum.

 

Bahnhof

 

Es blieb sogar noch Zeit für einen Tee. Und obwohl ich noch in Nagaland war, fühlte ich mich hier schon wieder viel mehr in Indien. Gerüche, Geräusche, Optik, das war nicht mehr neu sondern eher gewohnt.

 

Abul

 

Beim Teestand

 

Bahnhöfe fand ich als Kind immer sehr aufregend. Als Startpunkte für neue Erfahrungen in der Ferne. Die in Indien geben mir auch immer noch ein besonderes Gefühl des unterwegs-seins. Die Wartenden, die Ankommenden und Wegfahrenden, die Lautsprecherdurchsagen, die anderen Züge, die Kioske – ich mag dieses Gemisch an Menschen, was sich da immer wieder neu bildet. Hier ein paar Bilder:

 

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Zum letzten Bild: ich war tatsächlich auch irgendwie froh, diesem geballten Christentum wieder zu entkommen. Es gab hier zwar nirgendwo Jesuse an Kreuzen, aber dafür überall in der Öffentlichkeit Bibelsprüche (z.B. auch beim Dzukou Trek). Eine Nachbetrachtung Nagaland mache ich erst nach dem Hornbillfestival. Dafür fahre ich mit der Gruppe ja nochmal hin.

 

Die Bahnfahrt war nicht so ereignisreich. Ich saß neben einem Mann mit einem Hund. Das war bemerkenswert – ich erinnere mich an keine weiteren Leute in Indien, die ich je mit einem Hund habe reisen gesehen. Und einmal bin ich auf Klo gegangen wo die Farben so hübsch waren, dass ich ein Bild gemacht habe.

 

Hund

 

Klo

 

Der Zug hatte bei Abfahrt fast ne halbe Stunde Verspätung, aber wir sind trotzdem pünktlich angekommen. Vielleicht sollte die Dt. Bahn ihre Zeiten auch etwas großzügiger angeben? Ziel war Jorhat, eine Stadt, von der aus man zum Fähranleger nach Majuli gelangt. Ich fuhr mit einer Rickshaw. Das war holperig und dauerte ein bisschen wegen sehr vieler Geschwindigkeitsbremshubbel auf der Straße.

 

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Am Fähranleger gab es einen Ticketschalter, da bekam ich ein Ticket aus diesem Gerät. Es war sehr günstig – 30 INR = 30 Cents. Außerdem durfte ich die Frauenschlange benutzen, die sehr kurz war.

 

Ticketmann

 

Dann ging ich zum Bootsanleger runter. Da wurde mein Ticket kontrolliert und in ein Buch eingetragen zusammen mit meiner Telefonnummer und Herkunft. Ob manchmal Boote sinken oder Leute rausfallen und man meint, sie so leichter identifizieren zu können?

 

Anleger

 

Rausfallen war allerdings gar nicht so einfach. Es gab einen Schiffsbauch, in dem man saß und nur kleine Guckfenster hatte. Auf dem Deck parkten Motorräder und Autos. Und ein Klo hatte es auch.

 

Klo

 

Schiffsbauch

 

Deck

 

Von der Seite

 

Ich fand die Fährfahrt nicht so hübsch, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Man war so eingepfercht und konnte wenig sehen, es war laut vom Motor her und dauerte fast 2 Stunden. Kein schönes Flusserlebnis.

 

Kind aus Reihe vor mir

 

Baby aus Reihe vor mir

 

Ufer

 

Majuli gilt als größte Flussinsel der Welt – aber wenn ich Google Maps angucke, kapiere ich das nicht, wieso das eine Insel ist….

 

Screenshot

 

Ich hatte schon vor vielen vielen Jahren mal eine Doku über die Mönche in Majuli gesehen – noch bevor es dort richtigen Tourismus gab (damals schliefen Reisende in den Klöstern). Außerdem hörte ich von anderen, die schon da waren, dass es ihnen sehr sehr gut gefallen hatte. Ich war also dementsprechend positiv eingestellt. Bei Ankunft wirkte es auch angenehm nett, ländlich, ruhig und freundlich. Meine (Diamir)-Unterkunft sollte nur 100 m vom Anleger entfernt sein. Bzw. Google Maps zeigte 600 m. Jedenfalls leicht zu Fuß zu laufen. Problem: da war nix! Nur Felder. Ich rief den Manager an und er kam, um mich mit dem Auto abzuholen. 1,4 km sind es, es ist falsch eingezeichnet. Warum er das nicht berichtigen lässt? Er brummelte Ausflüchte.

 

Und nach dem Einchecken kam dann der Tiefpunkt des Tages. Es war eine größere Anlage mit einzelnen „Bungalows“ – die nicht gepflegt waren. Laut Bericht des vorigen Reiseleiters seien sie 2023 neu gebaut worden. Sie sahen aber eher aus wie vor 20 Jahren gebaut und nie in Instandhaltung investiert aus. Mein Zimmer war sowas von ungepflegt, unsauber und lieblos! Ich hatte es nicht fotografiert, aber am Klokasten war ein Spinnweben voller Schaum (der wurde dann entfernt), Wasser leckte aus der Leitung neben dem Klo, im dreckigen Mülleimer eine alte Zigarettenschachteln, fleckige Kopfkissen, Spiegel voller Flecke, Tür- und Fensteröffner vielen fast herunter – ein absoluter Ort der Lieblosigkeit! Und da sollte ich mit 8 Reisenden 2 Nächte sein und gute Laune haben? Ich sah sie direkt vor mir mit großen anklagenden Augen und bereit zur Revolte. Außerdem gab es nicht mal W-Lan.

 

Ich meldete Azo mein Unglück und fragte nach Alternativen und dann kam der Manager in mein Zimmer, ließ sich alles zeigen, fotografierte alles und ließ neue Kopfkissen holen. Ich ging ein bisschen raus. Es war schon dunkel und drumherum war eher nix. Es wird ja schon so früh dunkel und dann hängt man da rum. Essen ist auf dem Zimmer oder in einer ungemütlichen Halle (ich glaube, das Bild fängt es nicht wirklich ein). Der Tisch war nicht geputzt – aber das Essen war dann tatsächlich sehr lecker.

 

Rezeption mit Restauranttisch

 

Abendessen

 

Und dann juckten auch noch meine Unterarme: alles voller Stiche! Sandflies…. Die hatte ich nicht auf dem Schirm gehabt.

 

Um diesen Blogpost nicht so unglücklich enden zu lassen: am nächsten Tag zog ich auf eine Empfehlung von Pauls um und kam in ein liebevolles Paradies. Leider sind die während meiner Reisegruppe voll – und andere Alternativen habe ich auch nicht gefunden. Aber für die 2. Gruppe könnten wir wechseln – womit ich dann Azo nervte.

 

Als ich am Morgen abreiste, waren sie etwas vor den Kopf gestoßen (ich hatte eigentlich 2-3 Nächte geplant) und 3 Männer erstellten 15 min lang eine Rechnung über 1 Zimmer und 1 Abendessen. Darüber musste ich schon wieder lachen. Ich habe mir inzwischen eine Strategie für die Gruppe zurecht gelegt.

 

Diesmal gibt es für den nächsten Blogpost keinen spannungserzeugenden Cliffhanger sondern nur die Vorankündigung, dass es schöner wurde.