Am Morgen lief es wie geplant: 5:30 Uhr schulterte Tenji beide Rucksäcke und ich meine Kamera. Noch ein Wort zu beiden Nächten über 4.000 m. Erinnert sich jemand an den Blog über die Annapurna-Runde? Da klagte ich in den beiden Nächten über 4.000 m über Schlaflosigkeit mit Unwohlsein, vielen Sorgen und der Gewissheit, abzusteigen – was sich nach dem Frühstückskaffee wieder in Luft auflöste. Für dieses Mal hatte ich mir etwas überlegt: wenn Kaffee morgens so erfolgreich ist, vielleicht ist es auch schon so in der Nacht? Ich hatte ja einen „Luxusbeutel“, den ich Tenji in seinen großen Rucksack geben konnte. Darin befand sich u.a. mein St. Pauli Hoodie (fürs Trekking zu schwer und groß gegenüber Fleece), was die beste Entscheidung als Nachtoberteil war – kuschelig und mit Kapuze – und eine kleine Thermosflasche, die ich mir abends mit Heißwasser füllen lies. Instantkaffee und Keks kamen dann zum Einsatz als ich anfing, Kopfweh zu kriegen und mich unwohl zu fühlen. Und es hat geklappt! Kopfweh gingen weg und die psychischen Sorgen traten gar nicht erst auf. Klar war ich überwiegend schlaflos, aber das war ich ja auch ohne Kaffee in der Höhe.
Der See lag ruhig da, man ging an der rechten Seite in der Höhe dort entlang Richtung Pass. Vor uns waren schon Leute aufgebrochen, irgendwann kamen hinter uns die nächsten. Hals und Bronchien taten ziemlich weh und meine Beine waren ganz schön schlapp. Ich spielte manchmal mit dem Gedanken, umzudrehen, aber irgendwie fand ich das doch doof und setzte so Schritt für Schritt nacheinander.
Da hinten krabbelt die Sonne gerade über den Mt. Everest und wir wanderten dann nicht mehr im Schatten.
Hier kann man jetzt ganz gut den Weg sehen: zuerst den Zickzack nach oben (der z.T. steiler war als er hier ausschaut), dann nach links zu dem Schneefeld und das weiter nach oben. Und da hinter irgendwo noch viel höher war dann der Pass.
Dieser Mensch mit dem blauen Rucksack überholte uns, musste aber von Tenji immer wieder in seiner Wegwahl zurückgerufen werden, weil er andauernd falsch laufen wollte. Später fand er andere Leute, denen er gut folgen konnte.
Hier sieht man jetzt Mt. Everest und zwar dieses hinterste erhöhte Bergmassiv links unter der Sonne, das sind Mt. Everest, Nuptse und Lhotse.
Und nach dem Schneefeld kämpfte ich nur noch um jeden Schritt und hatte das Gefühl, der Pass ist unendlich hoch und unerreichbar. Zum Glück stimmte mein Gefühl nicht und irgendwann saß ich tatsächlich unter den Gebetsfahnen und vergoss schon wieder ein paar Erschöpfungstränchen. Es war definitiv einer der Pässe, wo ich am meisten zu kämpfen hatte. 5.360 m ist der Renjo-la hoch, aber für die tolle Aussicht war es schon etwas spät, es hatte sich zugezogen. Tenji wirkte nicht sehr erschöpft, wusste inzwischen besser mit meinen Emotionen umzugehen und freute sich einfach, dass wir nun oben waren.
Zur anderen Seite hin gab es auch einen See. Zu dem gelangte man auf vielen Treppenstufen runter. Da konnte ich auch mal etwas flotter unterwegs sein. Und nach dem Lunch auf halbem Weg hab ich auch meinen Rucksack wieder selber getragen.
Nach dem Lunch trafen wir noch Leute, die nach oben wollten. Die sahen furchtbar erschöpft aus und deren Guides auch nicht so glücklich. Es war doch schon etwas spät und die Strecke noch lang. Die 3 Pässe Tour hätte ich eigentlich auch von deren Pass-Seite gemacht – und war nun froh, doch anders herum gegangen zu sein. Der Aufstieg ist ungleich härter. Man muss nicht nur mehr Höhenmeter gehen (400 m), sondern hat zuerst einen steileren Anstieg, dann sehr lange Strecke sanfteren Anstieg und dann geht es, wenn man sowieso so höhenschlapp ist, noch richtig heftig die ganzen Stufen hoch.
Ich ging also steil runter und dann wurde es flacher und sah insbesondere wohl auch in bewölkt nochmal ganz anders aus.
Lungden, ein kleiner Ort auf 4.400 m, war unser Ziel. Die dortige Lodge war sehr beliebt und mal etwas voller. Am Ofen kam ich mal wieder mit einem Inder ins Gespräch. Wieso hier so viele seien? Ja, das indische Leben würde sich sehr ändern. Man hätte bemerkt, dass es neben Arbeit und Familie ja noch ein wenig mehr im Leben zu erleben gab. Ein weiterer Inder bemerkte noch, dass es jetzt ja auch so etwas wie „Me-Time“ als Wert in Indien geben würde. Ich schreibe hier zwar nur von männlichen Indern, aber es gab auch viele Frauen – die waren aber eher in größeren Gruppen direkt zum Everest Base Camp unterwegs.
Fast alle wollten um 4:30 oder so zum Pass aufbrechen. Als ich um 7:00 zum Frühstück kam, war der Inder noch da: Verdauungsprobleme. Lieber 1 Tag warten.
Ich hustete und schniefte weiter vor mich (eigentlich nicht das Beste, das an der Ofensitzrunde zu tun, aber weiter weg war es so kalt….) und weil die Lodges sehr hellhörig sind, taten mir alle in der Nacht nochmal zusätzlich leid, als ich einfach das Husten nicht lassen konnte.