2015 leitete ich eine Frauengruppe in Ladakh. Meine vorherige lokale Guide konnte nicht und so bekam ich eine neue: Norboo Dolma. Das war ein großes Glück, da wir uns super verstanden und zu Freundinnen wurden. Wir haben noch zwei weitere Gruppen zusammen geleitet und uns danach so oft getroffen, wie es passte. Sie war damals Studentin der Pädagogik mit dem festen Willen, etwas für die Bildung im Changthang, ihrer Heimat zu tun. Inzwischen ist sie schon länger fertig mit dem Studium, hat viel gearbeitet, geheiratet und ein Kind bekommen. 2019 haben wir uns das letzte Mal bei einer Wintertuition in Nyoma gesehen. Und jetzt – 4 Jahre später – freuten wir uns riesig, uns endlich wiederzusehen. Und wie es der Zufall so wollte: es gab wieder eine Wintercamp, diesmal in Hemya, der Ort, wo sie hingeheiratet hat. Und nach 40 Tagen war am 11. Februar die Abschlusszeremonie und ich konnte glücklicherweise daran teilnehmen.
Dazu musste ich aber erst einmal dahin kommen und das war gar nicht so einfach. Ich brauchte ein Permit und das wird nur für 2 TouristInnen ausgestellt. Hier waren aber kaum welche und so wartete ich auf Eva und ihren Reisepass. Der kam ja trotz des Schnees zum Glück an. Dann brauchte es ein Fahrzeug. Beides zusammen erledigte Tashi Gyaltsan. Tashi hatte ich auch 2019 kurz kennengelernt. Er ist genauso wie Dolma sehr involviert in die Entwicklung des Changthangs. Die beiden kennen sich schon lange und können wunderbar zusammen arbeiten. Kürzlich haben sie eine Organisation gegründet: Lhagsam. Und damit das 40tägige Wintercamp.
Am 10. Februar hatte es ja geschneit und in der Nacht zum 11. kam noch eine kleine Lage drauf. Tashi holte mich mit seinem kleinen Auto ab und wir hatten eine sehr schöne Schneefahrt die 80 km nach Hemya. Begeistert klickte ich mit meiner Kamera hin und her – in den vielen vorherigen Wintern in Ladakh war es nie so verschneit gewesen.
Trotz Verspätung kamen wir viel viel früher an als der Hauptgast, der Councillor. Der hatte sich tatsächlich um 2 Std. verspätet! Alles war vorbereitet, die Leute vorfreudig und alle festlich beisammen.
Noch ein Wort zu den Schulen und dem Wintercamp. In Ladakh haben alle Schulen den Winter über geschlossen. Zu kalt für regulären Unterricht. Es ist aber nicht so gut, die Kinder so lange ohne angeleitetes Lernen zu lassen. Und so organisiert man üblicherweise Tuition genannte Lehrmöglichkeiten in kleinen Einheiten ortsnah. Die Wintercamps sind etwas anders, es werden Kinder aus verschiedenen Dörfern zusammengesammelt und für eine bestimmte Zeit (hier 40 Tage) baut man ihnen in einer Schule ein Camp auf, d.h. Räume werden Schlafsäle und jemand kocht alle Mahlzeiten. So haben sie zusammen mit den Lehrkräften eine gute intensive Zeit.
In Indien und insbes. Ladakh gibt es staatliche und private Schulen. Die staatlichen haben keinen guten Ruf. Lehrkräfte freuen sich über ihr regelmäßiges festes Einkommen und kaum Kontrolle. Sehr viele sind oftmals abwesend und unengagiert. Auch die kleine Gouvernment-Schule in Hemya leidet darunter. Wer dagegen im Winter gesondert unterrichtet ist meistens eine sehr engagierte Lehrkraft – das habe ich auch hier gesehen. Tolle Leute, die ihrem Beruf mit viel Freude und Leidenschaft nachgehen.
Jetzt aber zu der Abschlusszeremonie. Der Councillor kam also irgendwann doch eingetrudelt.
Die Kinder haben viele Vorführungen einstudiert und haben diese dann gezeigt. Sie haben gesungen, getanzt und einige sogar geredet. Ich finde das immer wieder beachtlich, wie locker sie sich vor Publikum bewegen.
Danach wurden Reden gehalten und Katags überreicht und Kinder für gute Leistungen ausgezeichnet.
Danach bekam ich dann mit, dass es ein mieses Problem gibt. Der Councillor hatte die Wintercamps fast allein gesponsort mit Geld, welches er bekommen sollte. Da haben sich Dolma und Tashi darauf verlassen, dass es rechtzeitig eintreffen wird und eben alles organisiert. Am Ende haben sie den Lehrkräften und Koch usw. Schecks ausgestellt für deren Lohn. Allerdings eröffnete ihnen der Councillor, dass sie noch weiter auf das Geld warten müssten. Oh je, was nun? Die Schecks würden nicht eingelöst werden können, da auf dem Konto kaum noch Geld war. Das geht ja nicht. Also haben die beiden ihre Sparstrümpfe geplündert und Leute angezapft, was ihnen guten Stress bereitete. Und hoffen nun, dass das Geld bald fließt.
Nach der Veranstaltung, die sich durch die Verspätung des Councillors so weit nach hinten zog, gab es lecker Essen für alle.
Und am Abend wurde in der Bürgerhalle eine Rockshow organisiert. Da führten die Kinder nochmal viel vor, Tanz, Sketche, Gesang usw. Es wurde da auch nochmal Geld gesammelt und die Leute waren begeistert dabei. Im Winter passiert ja nicht so wahnsinnig viel Abwechslung und so freuten sich alle über ihr fröhliches Beisammensein. Und ich freute mich, dass ich bei allem dabei sein durfte!
Danach blieb ich noch und lernte etwas Hemya kennen und hatte Zeit für schöne Gespräche mit Dolma. Davon erzählt der nächste Blogpost.