Hundeattacke – Update

3. – 6. Juni 2023

 

 

Als ich vorgestern einer Freundin die Geschichte erzählte, stellte ich fest, dass ich sie hier im Blog zu kurz gefasst hatte. Also hier noch Zusätze und was sich dann die Tage tat.

 

Ich war vor 3 Tagen mit blutendem Arm also runter vom Berg und stand an der Straße und als ein Auto kam und ich schon befürchtete, es würde nicht den Ernst der Lage erkennen und einfach vorbeifahren (wenn ich den Daumen rausstrecke, war das Blut nicht zu sehen), hüpfte ich etwas mehr auf die Fahrbahn, drehte mich mit der blutenden Seite zum Auto und deutete mit der anderen Hand dorthin – und tatsächlich wirkte das Auto als würde es erst vorbeifahren wollen – und entschied sich dann anders. Hach.

 

Ich wurde also zum Krankenhaus gebracht und ging in das falsche Gebäude. Ich dachte, das da oben schaut nach einem Krankenhaus aus, es parkten auch 3 Autos mit Aufschrift „Ambulance“ davor. Drinnen roch es nach Mittagessen. Aber keine Rezeption o.ä. Ich schaute in ein Zimmer, dort saßen ca. 8 Leute in einer Runde an Tischen und verspeisten ihr Mittag und guckten mich groß an. Weiß weiterhin nicht, was das genau für ein Gebäude war, aber sie bedeuteten mir, in das nächste Gebäude zu gehen. Das sah nun überhaupt nicht nach Krankenhaus aus:

 

Krankenhaus

 

Im Eingang standen paar Leute, eine fahrbare Liege und ein großes medizinisch aussehendes Gerät. Es war wohl wirklich das Krankenhaus. Ich war ganz froh, dass mein Problem gut sichtbar war und man nahm sich dann auch meiner an. Ich wurde in eine Art Behandlungsraum geführt. Dort nahm mir ein ein wenig englisch sprechender Herr zuerst meinen Pass ab. Ein anderer übte sich in Übersetzung und guckte gütig. Diverse Schwestern (vermute ich), die sich auch im Raum befanden, guckten ebenfalls gütig. Frau Doktor, erkennbar an Kittel und Handschuhe, sprach kein englisch und guckte nicht ganz so gütig. Während man rumhantierte, kippte irgendein Gefäß mit Flüssigkeit um. Nachdem der Passabnehmer zurück war und die Spritze aufgezogen, machte Frau Doktor sich an meine Wunden, beguckte sie und wischte mit Flüssigkeiten darauf rum. Auf die Liege durfte ich mich nicht setzen und damit nix aus Versehen darauf tropfte musste ich meinen Arm über eine Schüssel halten in der sich medizinischer Abfall befand. Am Arm hatte ich 3 Bisswunden. Dann Hose runter: über der Kniekehle ein weiterer Biss mit Blut. Auch das wurde gesäubert und Hose wieder hoch. Am Arm gab es noch ein Pflaster drauf.

 

Dann gab es eine große Diskussion, weil ich auch noch Tetanus haben wollte. Ich habe die Argumente und Einwände nicht verstanden, bestand aber auf die Spritze – und bekam diese dann in den anderen Arm.

 

Die Nacht verbrachte ich OK, es tat weh, aber nicht übermäßig und eine Schlafposition habe ich auch gefunden. Am Morgen nahm ich den mir selber drüber gebundenen Verband wieder ab und das Pflaster auch – ich habe immer so Angst vor dem Verkleben. Und das sah dann so aus:

 

Tag 2

 

Der größte Biss war noch feucht und ich klebte ein anderes Pflaster drüber. Ich machte den Tag nicht viel und hatte das Gefühl, dass es relativ gut heilt – nur die Quetschung wuchs sich zu einem heftigeren Bluterguss aus – wenn ich den Arm hängen ließ, schmerzte es. Am Nachmittag ging ich spazieren. Es war ja im Ort und ich fühlte mich sorglos – und wurde bald eines besseren belehrt. Ich fand dieses Hausskelett und guckte rein um zu gucken.

 

unfertiges Haus

 

Und plötzlich rannten die Straße einige Hunde bellend entlang. Sie hatten wohl untereinander Probleme, aber mir rutschte sofort das Herz in die Hose, ich dachte, was ich doch für ein Trottel bin in diesem Haus, das „gehört“ doch bestimmt einem Hund und der geht mich gleich an und Hilfe ist weit weg und das Pfefferspray auch. Vorsichtig schlüpfte ich wieder auf auf die Straße und eilte schleichend dorthin, wo auch wieder Menschen waren. Uff! Aha! So ist das also mit der Psyche – Lektion gelernt.

 

Die nächste Nacht ging noch besser, aber das Pflaster hab ich trotzdem erneuern müssen. Und dann habe ich mich auf einen Tagesausflug begeben in ein anderes Dorf, dabei die meiste Zeit das Pfefferspray in der Hand gehalten und vorsichtig nach Hunden geschaut und gehorcht. Nix passiert. Und am Ausflugsende habe ich sogar in einem Gartenlokal gesessen mit Hund neben mir.

 

friedlicher Hund

 

Ich habe die Geschichte meiner Guesthousefrau erzählt. Sie kennt weder Ort noch Besitzer, aber wollte sich drum kümmern. Erinnert sich jemand, dass ich Patrick bzw. er mich über diese Webseite gefunden hatte? Patrick hat Kontakt zu einer weiteren Frau davon, die war vor einigen Tagen die Tour gegangen und hatte ihm von einem aggressiven Hund geschrieben. Mir schien, dass es derselbe sein könnte – er hat ihr mein Foto von dem Ort geschickt und ja, es war genau da! Von dieser Webseite gibt es auch eine Facebookgruppe wo man sich austauscht und eine Facebookseite, wo nur der Jozef relevante Sachen postet. In der Gruppe habe ich meine Geschichte dann aufgeschrieben, insbesondere da ja auch die andere Frau Probleme hatte. Dann wissen die nächsten besser Bescheid. Jozef hat es auch noch einmal selbst zusammen gefasst:

 

 

 

Unter beiden Einträgen finden sich nun viele Beiträge mit Anteilnahme, eigenen Hundeerfahrungen und Strategien und Hundepsychologie und auch lokale Leute, die dem nachgehen wollen. Was ich für mich gemerkt habe: es ist gut, selber in Aktion zu gehen und irgendwas zu tun. Wenn dadurch jemandem nicht das Gleiche passiert, weil mehr Obacht gibt, bin ich nicht mehr „nur Opfer“.

 

Und heute, also am 6. Juni, sollte meine 2. Tollwutimpfung statt finden. Ich ging wieder in das Krankenhaus. Im Gegensatz zum vorherigen Besuch war es voller Leute in den Gängen und mehr Personal, aber niemand von meinem Erstbesuch zu sehen. Aber man kümmerte sich gleich um mich und nahm mir wieder den Pass ab. Eine Dame die eher nach Rentenalter aussah, setzte mir die Spritze und schickte mich zur Kasse: 25 Lari, also unter 10,- Euro.

 

Und dann begann eine Odyssee. Ich hatte beim vorherigen Besuch vergessen, mir die Quittungen und Papiere geben zu lassen. Es gab evtl. auch keine. An der Kasse produzierte man mir einen Beleg mit korrektem Betrag aber Datum von gestern. Das wäre bestimmt meiner – manchmal ginge das System nicht und dann würde man alles später ausdrucken. OK. Aber ich bräuchte doch noch ein Papier. Ich habe dieses Krankenhaus trotz seiner Kleinheit nicht durchschaut. Wer macht Sekretariatsarbeiten, wer ist Arzt/Ärztin, wer wird von wem wo behandelt, wozu dienen welche Räume usw. Es wirkte sehr unorganisiert. Aber man war immer freundlich, einzelne Leute sprachen bisschen englisch und wanderten mit mir von Raum zu Raum. Ich heftete mich immer an die Fersen und an einer Stelle, wo ich öfters auftauchte, fing man schon an sich zu amüsieren (also andere PatientInnen). Irgendwann hatte ich ein Schriftstück mit 90% georgischen Zeichen drauf. Die anderen waren z.B. das Datum und das war korrekt. Mit der Translate-Kamera überflog ich es und schien mir ausreichend. Das war das Teil für heute. Aber das vom Sonntag? Mit 2 Impfungen? Ich ergatterte mit einem anderen Menschen ein weiteres Schriftstück, allerdings mit 1 falschem Datum (Mai statt Juni) und nur 1 Impfung. Man rannte mit mir hierhin und dorthin, Türen waren verschlossen, Stempelmenschen unauffindbar usw. Das sei halt Georgien und nicht Deutschland…. Ich wurde auf einen Sitz gesetzt und gebeten, 40 min zu warten. Und dann kam ein Wunder! Das Wunder sprach bisschen deutsch (sogar korrekt), strahlte, war nie in Deutschland gewesen, schloss mich an ihr Herz und bugsierte mich wieder zu einem Zimmer, kam mit dem korrekten Papier raus, fand die Stempelleute, versenkte beide Papiere in eine Plastikhülle, herzte mich und klärte nochmal den Termin für die dritte Impfung ab (10.6.). Die Flure waren weiterhin voll mit Leuten und ich verließ den Ort um eine Erfahrung reicher.

 

Gestern hatte ich erstmals geduscht und mir wirkt das alles gut verheilend, besonders der Arm. Das Bein tut sich ein wenig schwerer. Gestern habe ich auch noch einen deutschen Ex-Doktor getroffen, der meinte, die Quetschungen wären das langwierigere schmerzhaftere bei Tierbissen.

 

Beinbiss

 

So, ich glaube, das war es zu der Hundeattacke. Ich werde nicht mehr alleine wandern, ich werde mich nicht mehr bei irgendwelchen Gebäudeteilen ohne dazu auffordernde Menschen aufhalten, ich werde mir vielleicht Stöcke zulegen, ich werde ständig misstrauisch nach Hunden Ausschau halten und vermutlich mit der Zeit wieder entspannter werden. Und natürlich mache ich noch die dritte Impfung.