Als ich vor einigen Tagen in Bihar war, hatte ich Gastgeberin Hema erzählt, dass ich gerne einen Trek im Great Himalayan National Park machen würde – es aber natürlich allein zu teuer sei. Sie schaute und fragte nach – und dann hatte ich Anschluss! Und zwar zu einem indischen Paar und wir würden den 4-tägigen Marhani-Trek gehen. Start sei am 29.9. Also machte ich mich am 28. auf in das Tirthan Valley, wo ich mich mit dem Paar traf und wir eine Übernachtung vor Start hatten. Es dauerte wieder gefühlt ewig bis die Busse (musste zweimal wechseln) sich durch die Bergwelt geschlängelt hatten.
Die Berge hier haben ja so einige tiefe Falten, in denen unten Flüsse fließen. Eine dieser Falten nennt sich Tirthan Valley mit dem Tirthan Fluss unten. Kleine Hausansammlungen und Touristenunterkünfte reihen sich daran entlang. Ausländische Touris hat es hier allerdings eher selten. Der letzte Ort heißt Gushaini und von dort startet die ca. 5 km breite Gürtelzone, wo man unter bestimmten Bedingungen siedeln und anbauen darf. Danach ist Nationalpark.
Wir fuhren erstmal durch die Zone nach oben – Pekhri ist ein Dorf auf 2.000 m und danach geht es nur noch zu Fuß weiter. Die Sonne lachte, das Wanderherz auch, das Hasenherz konnte bei der Hochfahrt Schiss haben, da auch hier Straßenteile abgebrochen waren und es einmal extrem nah am tiefen Abgrund entlang ging.
Wir starteten. Wir, das sind Natasha und ihr Ehemann Sanil aus Bangalore, beide 47 Jahre alt und haben erst vor einigen Jahren eine große Freude am Bergwandern gefunden. Er arbeitet in einer Bank wo er für Start-Ups zuständig ist, sie baut gerade ein Start Up auf. Wir hatten außerdem einen Führer namens Keshav, der schon seit 20 Jahren mit Leuten durch die Berge trekkt. Dabei sind nur ca. 10% fremdländisch. Und dann gab es da noch 5 Porter, die alles schleppten. Also fast alles, wir trugen unseren eigenen Kram. Was mir Keshav am Vortag, als er mich sah, nicht zugetraut hatte. Es ging stetig nach oben. Alle paar Schritte gab es wieder leicht veränderte Blicke rund herum und ich wurde recht fotofreudig. Es gab kleine Minifeldchen mit Mais, Bohnen, Erbsen usw.
Nach einiger Zeit kamen wir zum letzten Dorf: Lakcha. Unglaublich, was die hier alles hochgeschleppt haben zum Hausbau und sogar das ganze Glas! Himachal Pradesh ist wirklich die Gegend, wo ich mich immer wieder am meisten wundere, wieso Menschen die Vorstellung hatten, dass es eine gute Idee ist, so weit oben am steilen Berghang ein großes Haus zu bauen. Ob nun alleinstehend oder zusammengerottet.
Und als besondere zivile Annehmlichkeit hatte Lakcha auch Handyempfangsmasten, die relativ weit reichten.
In der Sonne war es ganz schön heiß und wir huschten mehr oder weniger von Schatten zu Schatten. Der Schweiß lief.
Danach fing irgendwo der Great Himalayan Nationalpark an. Ich muss gestehen, dass ich es nicht ganz kapiert habe. 2016 war ich schon mal im Gürtel und hatte mich nach Treks usw. erkundigt. Mir wurde gesagt, dass man diese nur mit Trägern machen dürfe, da keine Nutztiere im Park zugelassen seien. Auf unserer ganzen Tour waren aber immer wieder Schafherden, Kühe und Pferde zu sehen. Mir wurde gesagt, dass ich mich wirklich im Nationalpark befinden würde. Ich weiß auch nicht.
Der Great Himalayan National Park ist 1.171 qkm groß. 1984 wurde er zum Nationalpark und beherbergt eine sehr hohe Anzahl an verschiedenen und teilweise seltenen Pflanzen- und Tierarten. Die Leute, die hier vorher angesiedelt waren bzw. die Fläche zum Anbau und Tierhaltung nutzten, wurden ausgewiesen. Auch Holzgewinnung und das Sammeln medizinischer Pflanzen wurde verboten. Das war für die SiedlerInnen natürlich keine Freude. Sie bekamen finanzielle Kompensationen – und die Möglichkeit, im Trekkinggeschäft und Tourismus mitzuwirken. Treks sind hier nämlich auf diversen Strecken gestattet. Es wurde eine Cooperative gebildet. Es gibt aber offensichtlich so einigen Stress, wer nun wie wieviel verdient und wie es am besten zu machen sei. So ganz durchgestiegen bin ich noch nicht. Mal schauen, ob ich es bis zum letzten Trekkingblogpost ordentlich beschreiben kann.
2014 wurde der Park zum UNESCO National Heritage Site erklärt, bietet also somit einen noch größeren Besuchsanreiz. Ich war auch ziemlich begeistert. Es gab viele blühende Pflanzen zu sehen – jetzt Anfang Herbst jedoch nur ein Bruchteil dessen, was hier im Frühjahr blüht.
Unser Tagespensum war nicht so weit, aber dafür ging es relativ steil nach oben. Ohne Kletterei, aber so, dass man gut ins Schwitzen kam. 800 Höhenmeter weiter war das Tagesziel erreicht: Rangthar. Hier ist auf einer Art kleinem Plateau eine Wiesenlandschaft in der sich gut campen lässt. Allerdings fehlte hier für mich etwas entscheidendes zum Campingglück: eine Wasserquelle! Man musste zum Trinken, Kochen und Zähneputzen alles mitschleppen, waschen war nicht angesagt. Dafür war die Aussicht phantastisch.
Was man aber offensichtlich hier darf: Feuer mit herumliegenden Holz machen. Es wurde also nicht nur extra gekocht, nein, wir bekamen sogar ein tolles Lagerfeuer! Dort gab es Abendessen und gemütliches Beisammensitzen. Bzw. Keshav dozierte eine enorm lange Zeit auf Hindi über die Politik in Himachal Pradesh, mit der er nicht glücklich war. Es ging um Bildung und hauptsächlich Korruption. Während Indien politisch von der BJP-Partei dominiert ist, regiert in HP die Congress Partei. Aber laut Keshav ist das egal, unter beiden Parteien seien die Zustände zu beklagen. Die Details wurden mir erspart.
Mehr Bilder von diesem Lagerplatz gibt es im nächsten Blogpost. Ich bin da morgens nämlich noch gut fotografierend herumgelaufen. Am nächsten Tag sollte es weiter in den Nationalpark hinein gehen. Gespannt legte ich mich ins Zelt und stellte fest, dass meine letzte Zeltnacht noch lange vor Covid war und dass ich es doch vermisst hatte, so naturnah zu schlummern.