Nagaland: Khonoma – Krieg, Konservierung und Koka

12. November 2025

Nagas sind keine Inder. Ihr Gebiet ist kein Teil der indischen Union. Das steht auf diesem Gedenkstein auf dem Weg nach Khonoma. Gesagt hat das der erste Präsident des Federal Gouvernements of Nagaland in den 50er Jahren. Da gehörte Nagaland schon zu Indien.

 

Daneben ist ein weiterer Gedenkstein mit einer Geschichte:

Captain Sievizo Seyie wurde mal von den 3. Assam Rifles festgenommen. Er sollte erschossen werden. Der zuständige Captain wusste allerdings nicht so ganz warum eigentlich. Also fragte er ihn: Hast du indische Soldaten getötet? Ja, habe er. Er sei für seine Kämpfe sogar ausgezeichnet worden. Ob er das bereuen und um Verzeihung bitten würde. Er antwortete etwas länger: In meiner Tradition und in meinem Glaube ist es eine Sünde, wenn man nicht zugibt, dass man schuldig war, wenn man es aber doch war. Es ist aber auch eine Sünde sich für etwas schuldig zu bekennen, wo man nicht schuldig war. In diesem Krieg bin ich nicht der Aggressor. Ich habe keine Häuser angezündet und keine Frauen vergewaltigt und niemanden umgebracht. Ich habe nur aus Selbstverteidigung für mein Land getötet. Ich kann mich nicht für etwas entschuldigen, wofür ich nicht schuldig wurde.

 

Dann bekam er eine Binde vor die Augen und hörte Schüsse – war aber offensichtlich nicht getroffen. Man nahm ihm die Binde wieder ab und sagte: das seien Warnschüsse gewesen. Wenn er nicht um Verzeihung bitten würde, würden die nächsten ihn treffen. Er sagte: ich kann das nicht. Würde ich fälschlicherweise um Verzeihung bitten, würde das meiner Familie nicht gut tun. Da hat dann der Captain gelächelt und ihn in sein Dorf zurück geschickt.

 

Sievizo Seyie hat damit für alle Nagas gesprochen.

 

Geschichte

 

Ich fuhr also nach Khonoma. Das Dorf ist aus 2 Gründen Attraktion:

  • es gilt als erste „green village“ in Indien
  • hier hat der Battle of Khonoma 1879-1880 statt gefunden

Khonoma liegt wie fast alle Dörfer auf einem Hügel so dass man ankommende Feinde prima sichten kann.

 

Khonoma

 

In Khonoma gibt es noch das alte Stadttor, welches man verschließen kann.

 

Stadttor

 

Tortür

 

Die BewohnerInnen Khonomas (Angamis) haben damals mehrere Monate ausgeharrt. Passiert ist das, weil die Angami sich als besonders stolz gegenüber den britischen Wünschen von Unterwerfung sahen. Sie wollten weder Steuern zahlen, missioniert werden noch die Kopfjagd aufgeben. Ihr Widerstand resultierte in der Ermordung des britischen Offiziers Damant, der evtl. „nur“ aus diplomatischen Gründen nach Khonoma gekommen war. Das konnten die Briten natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Das war ja Rebellion! Und die musste niedergeschlagen werden. Die Angami verschanzten sich in Khonoma – und das durchaus erfolgreich für 8 Monate. Danach waren sie doch zu ausgelaugt, ausgehungert und auch innerlich gespalten. Die Briten hatten gewonnen, aber der Ruhm der widerständen Angami blieb.

 

Sehen kann man aus dieser Zeit noch diverse Ausgucke und Forts.

 

Fort

 

Ausguck 1

 

Ausguck 2

 

Ausguck 3

 

Khonoma hat aber nicht nur die berühmte Vergangenheit sondern auch die blühende Zukunft. 2005 wurde es als erstes grünes Dorf in Indien geehrt. Dazu braucht es gewisse Richtlinien: Schutz der Natur, keine Jagd, ökologische Landwirtschaft, Müllmanagement, Gemeinschaftliche Strukturen, sanfter Tourismus usw.

 

Sie waren recht organisiert: man kommt im Dorf an, zahlt eine Art Eintrittsgebühr und bekommt einen Guide, den man extra bezahlt. Der läuft mit einem ca. 1 Stunde rum und erklärt und zeigt. Im Gegensatz zu Asi in Kigwema war dieser ein bisschen „professioneller“, d.h. es kamen keine wirklich guten Gespräche auf und er war eben auch nach 1 Std. fertig. Nicht schlecht, aber auch nicht begeisternd. Er erzählte auch wenig, wie das Leben heutzutage ausschaut, welche Rituale es noch gibt usw.

 

Das Dorf war auch schon „kommerzialisierter“, d.h. es gab einen Webereischauraum, Verkaufsstände usw.

 

Dorfeingang

 

Weberin

 

Verkaufsstand

 

Interessant ist, dass es ja eigentlich ziemlich Öko sein soll, aber viele Sachen zum Verkauf, insbesondere Trockenfrüchte u.ä., waren in Plastik abgepackt. Hier ein paar Dorfrundgangsbilder:

 

1

 

2

 

3

 

4

 

5

 

6

 

Ein paar Auffälligkeiten hab ich noch! Und zwar die Toten. Die kommen in Särge. Und dann aber nicht auf einen Friedhof sondern am liebsten direkt daheim. Weil man seine Liebsten ja gerne nah haben möchte. Nur wenn da kein Platz mehr ist, dann muss die tote Person woanders hin.

 

Grab bei Haus

 

Man sieht ja, dass Reis getrocknet wird. Die Felder dazu sind hübsch terrassiert nebenan:

 

Reisfelder

 

Auch hier ist das Wasser von sehr guter Qualität und reichlich. Aber man unterscheidet bei den Wasserquellen schon recht deutlich, ob man es zum Trinken oder Waschen nimmt.

 

Waschwasser

 

Es war ja Mittagszeit – und so ging ich in das einzige Lokal mit sehr wenig Auswahl. Es gab 2-Minuten-Nudeln von diversen Firmen. Mag ich alle nicht. Hab trotzdem Koka ausprobiert. War aber genauso unlecker. Dafür hatten sie sogenannten wilden Apfelsaft. Also die Äpfel seien wild. Der war jedenfalls lecker.

 

Koka

 

In dem Lokal waren noch 3 Leute, ein Paar aus Delhi und ein Mann aus Mumbai. Die hatten sich in einem hiesigen Homestay kennen gelernt. Wir kamen ins Gespräch und hatte eine große Unterhaltung über philosophische Fragen des Glaubens. Das hat Spaß gemacht. Es saß auch noch ein wohl Einheimischer da mit seinem Tablet, der schaltete sich bei manchen anderen Themen ein bzw. wir haben ihn gefragt, aber irgendwie war er grummelig und fast überheblich.

 

Lokal

 

Und (u.a.) über das Verhältnis von Nagas zu Indien usw. wird es im nächsten Blogpost gehen. Ich habe jedenfalls noch mehr gelernt!

 

Ach ja, an dem Tag hatte ich einen anderen Taxifahrer. Der war aus Nepal bzw. seine Eltern nach Assam eingewandert. Warum er nun genau in Nagaland arbeitete, hab ich nicht so ganz rausbekommen. Aber er gehört zur kleinen Hinduminderheit. Es gibt auch einen Hindutempel in Kohima. Auch wegen der ganzen stationierten Soldaten.