Namche Bazaar -> Phaplu – der Trek geht zu Ende

19. – 22. April 2024

 

 

Wir hatten uns gedacht, dass man die Brücke am besten vor oder nach dem ganzen Verkehr quert. Ich war für davor, weil ich vermutete, dass da auch kein Wind sei. Also wieder im Morgengrauen um 5:30 Uhr los. Allerdings sah ich mich früh getäuscht: auch die Pferdekarawanen starteten schon.

 

beladene Pferde

 

Freitags und Samstags ist Markt in Namche Bazaar, wo lauter Leute aus umliegenden Dörfern hinströmen. Es war Freitag und auch da waren schon hauptsächlich Frauen unterwegs, die ihre Waren nach oben schleppten. Mist. Aber erstmal mussten wir ja auch zur Brücke hin, d.h. 500 Höhenmeter runterlaufen. Mir sank das Herz schon wieder in die Hose. Tenji hatte aber gut an Selbstvertrauen oder so gewonnen und als wir an der Brücke waren, warteten wir erstmal, bis keine Tiere mehr von hinten im Anmarsch waren (der Gegenverkehr war immerhin noch nicht da). Dann instruierte er den letzten Rübergehenden auf der anderen Seite die Leute aufzuhalten und auch auf unserer Seite befand sich noch jemand, der warten sollte. Dann umklammerte ich schweißnass seine Hand (statt den Rucksack), schloss die Augen und los ging es. Die Brücke war tatsächlich sehr ruhig und wir kamen zügig rüber. Erleichtert musste ich erstmal wieder ausruhen und dankte dem dort wartenden Porter sehr, dass er wirklich nicht losgelaufen war und Tenji, dass er es diesmal so gut für mich gemeistert hatte.

 

An dem Tag hab ich kaum noch Bilder gemacht. Es bevölkerte sich wieder genauso wie zuvor. Teerast in der Lodge seiner einen Schwester, die allerdings nicht da war.

 

Schwesterlodge

 

Ich begann quasi wieder die Menschen zu hassen, die vor und hinter meinen Füßen herumsprangen, Bergerlebnis war auch diesmal nicht. In Phakding waren wir zur Mittagszeit und ich sehr hungrig. Wir probierten ein Lokal aus, welches Tenji nicht kannte und das war tatsächlich der einzige wirkliche Fehlgriff. Ich bestellte was mit Thunfisch (ich weiß, eigentlich ein No-Go, aber mir war so doll danach) und als ich dann das Essen startete, wunderte ich mich, wieso der Thunfisch nicht so wirklich nach Thunfisch schmeckte und fragte mich, ob es wohl mehrere Sorten gibt – bis ich dann bei einem Stück vollkommen sicher war, dass es kein Thunfisch sei. Ich ging in die Küche: oh stimmt, das ist kein Thunfisch, dass ist Hühnchen. Ich regte mich ganz schön auf, wie denn sowas passieren könnte und dann wurde mir etwas schlecht und Tenji sagte, sein Essen sei auch nicht gut gewesen.

 

Ansonsten: ich hatte ja mit allen möglichen Infektionen zu kämpfen, aber was völlig stabil war, war mein Magendarm. Null Probleme. Dabei hatte ich schon ein wenig Befürchtungen gehabt, weil ja Leute mit Durchfall ausgeflogen werden mussten. Ich gehöre zu der seltenen Spezies, die ganze Treks ohne eine einzige Dal Bhaat Mahlzeit absolvieren können. Hier wird viel Gewese um Dal Bhaat (Reis, Gemüse, Linsengericht) gemacht, es gibt T-Shirts mit der Aufschrift „Dal Bhaat 24 hour Power“ und große Fans. Ich ess lieber Kartoffeln oder Nudeln. Tenji isst alles und gerne und viel. Egal wo wir waren und wieviel schon in seinem Bauch war – wenn man ihm eine Essensportion hinstellte, wurde die immer glücklich verdrückt. Guides bekommen immer Tee und eine Mahlzeit umsonst in Lodges und Restaurants, die bezahlt man quasi mit seinem Essen mit. Was dann auch für Leute ohne Guide gilt, die zahlen dieselben Preise. Und dann habe ich gehört, dass Porter sich selber verpflegen müssen – meistens in eigens für sie errichteten Teehäusern. Hier ist übrigens eine sehr interessante Doku zu den Portern im Everest Gebiet auf Youtube.

 

andere Schwester Haus

 

Unser Tagesziel war die andere Schwester von Tenji, die ein Restaurant hatte mit einem Laden und auch ein paar Zimmern, relativ kurz vor dem Abzweig nach Lukla. Es würde ihn ja riesig freuen, wenn wir dort übernachten könnten. Auch wenn es dort keine Dusche oder Waschgelegenheit gäbe. Und überhaupt. Es hat mir dort dann tatsächlich sehr gefallen. Ich hatte nur ein Problem: zu wenig Unterhosen und Socken dabei und ich musste wieder waschen und trocknen. Ah, das sei doch prima, das könne ich in der Küche machen und mir wurde eine spezielle Konstruktion gebaut. Hat geklappt – morgens war alles trocken!

 

Wäschetrocknen

 

Die Schwester lebte hier mit ihrem Mann, der 20 Jahre älter und einen halben Kopf kleiner und sehr rührig ist sowie deren Tochter. Hier ein Familienbild und dann noch eines mit mir:

 

Familie

 

mit mir

 

Die Schwester war sehr nett und hat mir sehr leckere Momos mit Grünzeugs aus ihrem Garten zubereitet. Hier wird der Teig übrigens nicht ausgerollt, die haben alle so eine Nudelmaschine.

 

Momoteig

 

Momofüllung

 

Ich fühlte mich in der Küche sehr wohl. Der Strom fiel allerdings früh aus und ich verschwand schnell im Bett und habe hier mit am besten geschlafen. Und Tenji strahlte, weil es mir so gut gefallen hatte.

 

Am nächsten Morgen waren wir wie immer relativ zeitig unterwegs. Bald kam der Abzweig nach Lukla und für uns wieder mehr Dorfleben.

 

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Das hier sind so fliegende Händler, die mit ihrer Ware (Bettlaken z.B.) auf dem Rücken durch die Dörfer zogen und auf zahlende AbnehmerInnen hoffen. Wir hatten noch eine Rast in Surke – und dann begann der voll harte Teil. Es ging bergauf in ziemlicher Hitze. Die Tage zuvor war es nicht nur bewölkt sondern hatte auch gut geregnet und so war der Pfad ganz schön schlammig und rutschig. Zuerst ging es mit den Pferden über die neu zu bauende Straße, später auf schmalerem Pfad entlang.

 

Mittagsrast

 

Hübsches Bild von doofer Strecke

 

Bisschen matschig

 

Bei einem Tee gab es sogar noch einen weiteren Regenschauer. Aber irgendwann waren wir dann doch in Paiya – unserem Start- und Endpunkt. Tenji hatte schnell einen Fahrer für den nächsten Tag organisiert und in der Lodge gab es für mich dann eine große Schüssel warmes Wasser. Nach Phortsa meine zweite Ganzkörperwäsche – allerdings ohne Haare. Die benahmen sich sehr seltsam und fetteten so gar nicht sondern sahen die ganze Zeit aus wie frisch gewaschen.

 

Ansonsten raffe ich jetzt mal: am nächsten Tag ging es sehr heiß und staubig und schüttelig nach Phaplu. Dort kamen wir bei einem sehr lustigen Onkel von Tenji unter, der keine Gelegenheit ausließ, einen Witz zu machen über den er sich selber so amüsierte, dass man immer mitlachen musste. Hier kam auch eine ganze Gesellschaft von Khumbu-Leuten unter, die aus Kathmandu angereist waren und am Folgetag zu ihren Dörfern wollten. Mir hat es dort ungemein gut gefallen. So war ich die letzten Tage etwas mehr mit Einheimischen zusammen gewesen – richtig schön. Auch war die Luft dort schön, die Temperaturen sehr angenehm – ideal um noch eine weitere Nacht zu verweilen, was wir taten. Einziger Nachteil: auch hier war das Haus sehr hellhörig und ich hustete immer noch so oft und heftig.

 

Lustige Gesellschaft

 

Blick aus Zimmer

 

Phaplu-Straße

 

Flugpiste Phaplu

 

Sportgeräte

 

Wir nutzten den nächsten Tag zu einem Ausflug zu einem Kloster hoch oben. Dort war es etwas seltsam. Es gab viele Kinder- und andere Mönche und wir wurden zu Tee in die Klosterküche eingeladen. Aber es wollte partout niemand die Tür zum Klosterraum innerhalb der nächsten 2 Stunden öffnen. Erst danach. Ich habe es nicht verstanden und flehentliche Blicke meinerseits halfen so gar nicht. So lange mochte ich nicht warten und so weiß ich nicht, wie dieses Kloster nun innen ausschaut.

 

Klosterfahnen

 

Innenhof

 

Tee

 

Klosterküche

 

Es waren 2 Leute von der Agentur mit einem Auto gekommen, welches wir für den Rückweg nutzen konnten. Das war noch bequemer als das Sammeltaxi, aber auch nicht wirklich schneller. Und damit war der Trek dann wirklich vorbei.

 

Ich glaube, über die meisten Themen hab ich irgendwo berichtet. Vielleicht noch ein paar Worte zu mir und dem Guide. Schon im Vorjahr am Annapurna habe ich gedacht, dass Guides eher wenig zu tun haben außer in Streßsituationen und man nicht wirklich einen bräuchte es sei denn, er könne einem viel erzählen. Das konnte meiner nun ja leider nicht. Mir scheint es manchmal die Hauptbeschäftigung der Guides zu sein, mit den Speisekarten hinter den Touris herzulaufen und eine frühzeitige Bestellung an die Küche zu geben (was Sinn macht, wenn es sehr viele Gäste hat oder man sehr zeitig starten möchte). So lief auch Tenji damit immer hinter mir her und ich kam mir sowas von doof vor. Als ob ich nicht alleine bestellen könnte. Und dann hatten wir auch noch eher am Anfang ein großes Missverständnis und mein Essen kam gar nicht, weil er dachte, ich wollte es viel später haben. Das Dilemma: hätte ich mich jetzt immer selber gekümmert, hätten die Lodgeleute das sehr wohl bemerkt und registriert und er hätte als Guide einen extrem schlechten Eindruck auf sie gemacht. Das wollte ich nun auch nicht. Und so litt ich oftmals etwas vor mich hin.

 

Was ich angenehm fand: als die vielen vielen Leute unterwegs waren, war es schön, „zu jemanden zu gehören“ – ich hätte mich sonst sehr verloren gefühlt. Und ich glaube, ich habe etwas über nepalesische Grammatik gelernt. Immer wenn ich schlapp wirkte, kam von Tenji „I carry bag you!“. Ich habe es bis auf den Passtag immer abgelehnt. Sein nächstes Angebot war immer „You sticks!“. Aber auch das wollte ich bis auf den Matsch und bei einer Passage vom Pass runter nie. Im Prinzip ist Tenji schon ein prima Guide, immer erreichbar, merkte sich alles, bemühte sich um mein Wohlergehen, guckte nach mir (vielleicht wollte er am Passtag auch unbedingt meinen Rucksack tragen, damit er mal wirklich was zu tun hatte?) und war angenehm im Umgang. Die Krise mit der Panik hatte er dann ja auch später gut umsetzen können. Er wollte wirklich alles so gut wie möglich machen und ordentlich dazu lernen. Außer englisch….. Manchmal überkam es mich, ihm was beibringen zu wollen, aber ich war eher unerfolgreich. Wir spielten das Spiel mit den End/Anfangsbuchstaben (Elephant – Tiger – Road – Dog – Goat usw.), aber schon bei „Ich reise nach Kathmandu und in meinen Koffer packe ich…..“ versagte ich bei der Spielerklärung. Oder er war zu störrisch. Manchmal ging er dazu über, mir Nachrichten per Whatsapp zu schreiben, das war tatsächlich einfacher als sprechen. Manche Konversationen haben wir trotzdem hingekriegt.

 

Er hatte etwas Angst, dass ich ihn in der Agentur kritisieren würde. 3 x Kritik bedeutet Kündigung. Er hatte schon einmal eine kassiert (ich fand aber nicht heraus was und vermute tatsächlich eher einen doofen Touri), das hatte ihn sehr getroffen. Ich war sehr offen und habe gesagt, dass er zu 90% wirklich ein prima Guide ist, aber 10% muss er unbedingt an seinem englisch was machen. Damit konnte er offensichtlich gut leben.

 

Wir schieden tatsächlich eher als „Freunde“, ich mochte seine angenehme Art und sein Bemühen und dass wir voneinander bei der Brücke überfordert waren, das war nun mal so. Und ja, ich glaube, er mochte mich auch.

 

Tenji

 

Die Trekkingstrecke so wie ich sie gemacht habe, fand ich dann eigentlich gar nicht so schlecht. 1 2/2 Tage ging man mit den Massen, aber der Rest war durchaus akzeptabel. Die Landschaft ist schon schön und gerade mit den vielen Flugausfällen finde ich die Straßenan/abreise trotz des Zeitumfangs viel angenehmer. Ohne Krankheit hätte man noch mind. 2 Tage (Gokyo und Thame) mehr machen können. Und auch wenn der Tourismus dort einerseits sehr abschreckend auf mich wirkte, fand ich es doch sehr gut, es mit eigenen Augen gesehen, mit dem eigenen Körper erlebt und mit den eigenen Gefühlen und Gedanken herausgefordert gewesen zu sein.

 

Ich hatte nun noch über 1 Woche Zeit bis zum Abflug. Was tun?