Porzehütte -> Filmoorhütte – Für 70 Euro alkoholische Getränke zu sich nehmen

12. September 2025

 

 

6,4 km

640 m hoch

230 m runter

3:20 Std.

Am Morgen beglückwünschte ich mir wieder zu meiner Entscheidung des eigenen Frühstücks. Damit bin ich etwas gezwungen, rauszugehen – und konnte so sehen, wie die Wolken schön über dem Tal lagen und ich aber darüber war. Außerdem ist es so schön ruhig ohne die anderen Leute. Allerdings war es prinzipiell ein wenig unruhig – die meisten hatten entweder die lange Etappe zur nächsten Hütte auf dem Karnischen Höhenweg vor sich oder gingen in die andere Richtung und übersprangen eine Hütte und mussten deswegen auch zeitig starten. Ich hatte es mir bequem gemacht und diese Hütte gebucht und deswegen eigentlich zu kurze Gehzeiten. Ich stellte mir vor, an hübschen Stellen in der Sonne rumzuliegen, auf weitere Anhöhen zu spazieren oder…..

 

Start

 

Der Wetterbericht war so lala, aber erstmal schaute es recht gut aus. Im Norden war es ganz hübsch, allerdings wallten vom Süden her immer mehr Wolken über die beeindruckenden Felswände. Ich startete frohgemut als letzte aus der Hütte und hatte den Pfad für mich alleine.

 

Nordblick

 

ich

 

Felswände

 

Felswände aus anderer Perspektive

 

Felswände mit dunklen Wolken

 

Ich nehm es einfach mal vorweg: es blieb trocken und die Sonne aber doch eher Mangelware. Manchmal lugte sie zwischen den Wolken hervor und wärmte mich und dann war es aber auch gleich wieder vorüber.

 

Bisschen kraxeln

 

Dann kam ich zu einem kleinen Plateau, wo ein fetter Strommast stand. Interessant war: a) dass der Untergrund bisschen weich und feucht war und b) dass ich nicht sehen konnte, wohin der Strom ging. Die Leitung führte vom Tal zu den hohen Felswänden, wo die Grenze zu Italien ist. Keine Hütte unterwegs. Ob sich die Länder mit Strom behelfen? Also eines liefert, eines kauft ein? Aber wie herum?

 

Richtung Tal

 

Richtung Felswände

 

Danach folgte ein Stück auf einer Art Hochebene, da hat es mir super gefallen. Leider war es nicht allzu lang. Dort traf ich einige Leute, die von meiner Zielhütte gestartet waren. Mit einem kam ich ins Gespräch, den ich hinterher gegoogelt habe: Eric aus Kalifornien. Und ich würde tatsächlich in einem Artikel fündig: https://www.reddit.com/r/PacificCrestTrail/comments/15elnd6/at_64_pacific_crest_trail_hiker_takes_the_long/. Wir scherzten bzw. wetteiferten etwas, wer von uns langsamer unterwegs sei. Er fand meinen Rucksack sehr hübsch. Ich hatte ihn recht neu und in Frankreich als erstes ausprobiert und fand dann doch, dass es ein Fehlkauf sei, weil mehr für größere Menschen gedacht. Er quälte mich etwas. Dann habe ich ihn Ute für Slowenien ausgeliehen und sie war damit glücklich. Und hier hab ich ihn doch wieder genommen wegen dem Platz und der warmen Kleidung. Und voll komisch: er war genauso schwer wie in Frankreich, aber diesmal kam ich gut damit zurecht.

 

Pferdeäppel, aber keine Pferde

 

Dann ging es weiter zu einer Art Pass, wo ich in das nächste Tal gucken konnte. Dort hatte es zwei Seen. Und ich kam darauf, das erste Mal die Panoramafunktion des Handys auszuprobieren. Interessant!

 

Wegweiser

 

ein See

 

viele kleine Hüttchen

 

von dichter

 

Pano

 

bisschen blauer Himmel

 

Das tolle am September: die Farben! Und die Heidelbeeren! Andauernd blieb ich stehen, pflückte und futterte.

 

Tümpel

 

Heidelbeeren

 

See

 

von dichter

 

und von anderer Seite

 

Ganz manchmal kam ein bisschen die Sonne und ich habe immer gleich das Handy gezückt und dann zu viele Landschaftsbilder gemacht. Und jetzt fällt mir die Auswahl schwer.

 

1

 

2

 

3

 

Bevor es ungemütlicher wurde, kam die Hütte in Sicht.

 

Hütte

 

Hütte und ich

 

Die Filmoor Standschutzhütte ist insofern besonders als dass sie 1977 erbaut wurde und ziemlich klein ist. Es hat 1 Gebäude mit einem Lager mit 12 Matratzen und 1 Gebäude mit Küche, Bar und Gaststube in einem. Betrieben wurde sie von 3 Herren, die sehr trinkfest sind. 1 war Wirt, 1 Koch und 1 jüngerer nur für 2 Wochen da um zu helfen. Die Besitzerin ist seine Tante. Außerdem saßen in der Gaststube 2 ältere Herren und hatten schon die ersten alkoholischen Getränke hinter sich. Und es wurden noch 2 weitere Gäste erwartet. Und es gab noch einen Hund namens Jenny.

 

mit Hund Jenny

 

Lagergebäude

 

Wirtshausgebäude

 

Eingang

 

Bierbrunnen

 

Und so startete dann eine interessante Zeit mit Erzählungen. Die beiden Herren hatte Erinnerungen an schöne Zeiten mit dem inzwischen verstorbenen früheren Hüttenwirt. Die Wirte kochten Abendessen. Die Hütte finanziert sich mehr über die Verpflegung und Tagesgäste – entweder aus dem Tal oder als Mittagsrast für die, die gleich zur nächsten Hütte wollten. Es war einerseits sehr einfach (keine Duschen, keine kleineren Zimmer), andererseits gab es den Luxus von Warmwasser aus dem Wasserhahn.

 

Dann kamen spät noch die 2 weiteren Gäste: zwei Frauen, die zuerst einen schwierigeren Pfad gestartet waren, aber dann umdrehen mussten wegen Angst und deswegen länger brauchten. Und dann geschah das Unglaubliche: die eine Frau und der eine Mann kannten sich! Es hatte ein wenig gedauert, aber dann haben sie sich erkannt. Es gab sehr viel gemeinsame Vergangenheit – wenn ich es richtig erinnere, war der frühere Mitbewohner des Mannes der Ex-Freund der Frau. Oder sonstwie. Und dann gab es ein Schloss in Hessen, wo der Mann früher mit dem Mitbewohner wohnte und die Frau heute – ohne Exfreund oder so. Was für ein Zufall, dass sich diese 2 Menschen auf der einen Hütte treffen!

 

Der Mann war mit der Schwester des Mannes verheiratet, mit dem unterwegs war. Er war ein bisschen berühmter Prof. Dr. med. mit Schwerpunkt Psychosomatik. Der andere Mann war Lehrer. Die Frauen weiß ich leider gar nicht. Es gab sehr anregende intensive politische Gespräche, wobei wir uns alle einig waren und aber ratlos, was die Entwicklungen angeht. Der junge 2-Wochen-Jobber war in Graz politisch recht aktiv, der eine Hüttenwirt gehörte quasi auch dazu – nur der Koch, ein gelernter Restaurantfachmann, der u.a. auf Kreuzfahrtschiffen gearbeitet hatte, der stach etwas heraus und redete lieber über Alkohol als über Politik.

 

Sämtliche Herren becherten wie verrückt, aber keine kotzte oder so. Die beiden Gäste hatten am Ende jeweils ca. 70-80 Euro allein für Alkohol ausgegeben – und bekamen noch einige Enziane geschenkt. Es war jedenfalls ein sehr interessanter Abend und ich freute mich a) dass ich diese Hütte gebucht hatte, b) dass es so interessante Begegnungen waren und c) dass ich mich überhaupt nicht grämte, allein zu sein.

 

Was ich übrigens noch lernte: Hütten werden nur selten per Hubschrauber angeflogen, da man immer eine Mindestmenge bestellen muss. Was es dann noch im täglichen Betrieb zusätzlich braucht, wird tatsächlich in 30 kg Rucksäcken hochgeschleppt. Entweder von den Leuten selber – oder FreundInnen/Bekannte/DorbewohnerInnen nehmen was mit.

 

Das Schlafen ging auch recht gut, es hat niemand geschnarcht. Und dann gab es noch eine gute Nachricht: der morgige Tag sollte regenfrei sein! Meine Wettervorhersage hatte von viel Regen gesprochen. Das wäre ja schön!