Erst einmal ein paar Worte zum Sham Valley. So nennt sich die parallel zum Indus gelegenen Dörferansammlung zwischen Likir und Tingmosgang. Die sind verbunden durch kleine Pässe, wo man früher den sogenannten Baby-Trek durchlaufen konnte. Das hab ich 1993 auch gemacht – damals gab es noch null richtige Unterkünfte. Später bin ich da oftmals mit Reisegruppen durchgewandert, sogar ganz schön oft – und hab immer wieder gedacht, dass die Gegend doch wirklich schön und abwechslungsreich ist. Die Pässe sind höchstens 4.000 m hoch, man erreicht in wenigen Stunden das nächste Dorf und kann somit gut Kontakt mit den Einheimischen haben.
Inzwischen hat sich die Gegend verändert. Es wurde eine Straße gebaut, die bis kürzlich von Likir nach Hemis Schukpachen ging. Und jetzt war auch das letzte Stück nach Tingmosgang fertig. Doch davon später im Post. Eine weitere Veränderung war die Tätigkeit der Snowleopard Conservancy. Der Schneeleopard war in den weiter oben gelegenen Dörfern im Winter öfters unterwegs und hat Tiere gerissen. Die Idee war: TouristInnen kommen um den Schneeleoparden zu sichten, wohnen in Homestays und somit bekommen die Leute mehr Geld dafür als was sie durch den gerissenen Tierverlust verlieren. Und deswegen achten sie ihn dann mehr. Und genauso passierte es. Das höchstgelegene Dorf Ulley auf etwas unter 4.000 m ist die Hochburg der Schneeleopardensichtungen und dementsprechend gut besucht im Winter. Ich war immer nur kurz im Sommer da (2016 auf Neuerkundung eines Trekkingpfades über den Pass zwischen Saspotse und Ulley -> sehr lohnenswert!) und neugierig auf den Winter und so steuerten wir den Ort an.
Bei Yangthang trafen wir eine Anhalterin, die uns in ihren Homestay in Ulley einlud.
Man muss schon sagen, dass die Leute den inzwischen schon als Schneeleopardenhype zu bezeichnenden Tourismus ausnutzen und relativ hohe Preise verlangen. Aber sie bieten auch etwas dafür, das Homestay war sehr bequem mit dicken Matratzen, Decken und einem Heizgerät.
Ich habe einen sehr schönen langen Spaziergang gemacht.
Als ich zurück kam, war niemand da. Kein Auto, kaum Leute. Die Wirtin deutete nach unten: man hatte den Schneeleoparden gesichtet! Und alle sind mit den Autos losgefahren. Ich also zu Fuß hinterher und nach einigen Kurven sah ich sie da stehen und durch große Geräte schauen. Ich durfte auch mal. Mehrfach durch mehrere Geräte. Irgendwo da war ein Schneeleopard. Er saß oder lag und sah aus wie ein Stein. Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihn wirklich identifiziert hatte oder es eben doch nur ein Stein war und er nebenan. Aber ich nehme an, ich habe einen Schneeleoparden gesichtet. Fahrer Rigzin war enthusiastischer und blieb (konnte auch nicht fort, da das Auto eingekeilt war) und sah ihn noch in Bewegung. Ich ging mit Eva und dem Sohn der Wirtin, Nurbu, 27 oder 29 Jahre alt, nach oben zurück.
Nurbu hatte schon als Kleinkind einen Sponsor und ging auf eine Schule bei Mysore. Daheim war er in über 20 Jahren nicht so oft. Er hatte seine Abschlussarbeit vom Studium über ländliche Entwicklung geschrieben, was ich ja oberspannend finde, überlegte aber, sich mehr auf den Schneeleoparden zu stürzen. Sichten kann er schon voll gut, aber man braucht trotzdem noch mehr Wissen (z.B. wie erkenne ich, ob das Tier männlich oder weiblich ist). Er ist definitiv ein angenehmer, interessanter, offener Gesprächspartner, mit dem man Stunden plaudernd beisammen sitzen kann.
Ach ja, vorher lernte ich auch noch den ersten zivilen ladakhischen Everest-Besteiger kennen, Jigmet Tarchin. Ein Interview mit ihm ist auf Reach Ladakh. Er hat nun die Seven Summits anvisiert und mit Elbrus und Kilimanjaro bereits zwei weitere bestiegen. Ein netter Mensch. Und er braucht Sponsoren.
Am nächsten Tag schien wieder die prächtige Sonne und wir fuhren weiter. Der Pass mit Blick auf Hemis Schukpachen begeistert mich immer wieder.
Früher war mit der Straße Schluss in Hemis Schukpachen bzw. man fuhr nach unten zur Indusstraße, dort ein Stück entlang und dann wieder nach oben nach Tingmosgang und Ang. Mir schien das eine OK-Lösung zu sein, aber Einheimische fanden, dass eine Straße oben herum doch sicherlich praktischer sei. Nach der Befahrung bin ich mir nicht so sicher, ob sie das ist. Sie ist sehr schön und beeindruckend in die Felsen reingehauen worden, aber man braucht auch ziemlich lange für die vielen Kurven.
Und dann war die große Straße am Indus erreicht und wohin fuhren wir wohl dann?