
Als wir aufwachten, ahnten wir nicht, was uns dieser Tag an Erlebnissen bringen würde. Als wir abends ins Bett fielen, waren wir voll von unerwarteten Erlebnissen. Dabei befanden wir uns doch auf einer Reise mit einem festen Tourplan. Wie konnte das passieren?
Auf dem Tourplan waren 2 Tage für das Baneshwar Festival vorgesehen. Ich stellte es mir so groß und bunt und vielfältig vor, dass man sicherlich 2 Tage bräuchte, um alles zu sehen. Der Guide sagte, dem sei nicht so und 1 Tag würde genügen – und zwar der 2., welcher auch der letzte Tag des Festivals sein würde. Verpassensangst! Sollten wir uns auf seinen Vorschlag einlassen? Oder wären wir am Ende des Baneshwar-Tages ärgerlich, weil es doch schöner gewesen wäre, 2 Tage dort zu verbringen?
Wir entschieden uns für den Guidevorschlag, der uns zuerst zu einem Tempel bringen würde. Was danach noch auf seinem Plan stand, haben wir vergessen, da alles anders kam als gedacht. Und zwar viel besser! Wir fuhren also zum Somnath-Tempel. Er ist eine Nachbildung des originalen Somnath-Tempels in Gujarat, welcher bei Eroberungen oft zerstört wurde. Dieser nicht.
Somnath Tempel
Er war recht gut besucht mit vielen Leuten. Ein Priester zerstieß etwas und machte daraus eine Paste. Die Frau, für die es war, trug sehr interessanten Zehenschmuck – und so kamen wir in Kontakt.
Leute im Tempel
Pastenherstellung
Zehenschmuck
Eine größere Gruppe Leute war offensichtlich dabei, ein größeres Ereignis zu zelebrieren. Es war eine Haarzeremonie. Der älteste Junge bekommt in einem bestimmten Alter an einem astrologisch vorhergesagt günstigen Tag alle Haare geschoren. Wir bekamen auch gleich die ganze Geschichte erzählt. Das Paar litt seit 18 Jahren unter Kinderlosigkeit. Was für ein Unglück! Sie beteten hier, baten dort um Hilfe – und was genau gewirkt hat, sagten sie nicht, aber es wirkte: Mädchenzwillinge! Und das Wunder ging weiter: noch ein Mädchen. Und das Wunder hörte nicht auf: wieder Zwillinge – diesmal ein Junge dabei. Nach der ersten Geburt spendete die Familie schon eine große Summe aus Dankbarkeit an den Tempel.
Die Haarzeremonie wird nur beim erstgeborenen Jungen zelebriert. Und nun war es soweit. Offensichtlich unbegeistert ließ der Junge alles stoisch über sich ergehen.
Vor der Haarrasurzeremonie – die Mama in gelb, die mittlere Schwester neben ihr und vorne am Rand die Zwillingsschwester
Haarrasur
geschorener Junge
Glücklich sah der Junge nicht aus – dabei sollte er noch lauter Geschenke einsacken dürfen. Seine Zwillingsschwester bekam dagegen – nichts. Und wir wurden zum Mittagsfestschmaus eingeladen. Aber es war noch früh und wir wurden auch noch von 2 anderen Männern angesprochen. Sie sind Lehrer in einer Dorfschule und fahren wöchentlich einmal vor Unterrichtsbeginn beim Tempel vorbei. Sie würden sich riesig freuen, wenn wir ihre Schule besuchen würden! Wer kann da schon ablehnen? Und so folgten wir ihnen zuerst in die Schule.
Schule
Es ist eine öffentliche Schule, die uns recht gut aussah. Viele Lehrkräfte anwesend, einige offensichtlich sehr gut gebildet. Eine gute Mittagsmahlzeit wurde vorbereitet. Stimmung sehr nett. Und sie haben auch einen Starschüler, der uns sogleich präsentiert wurde. Die Kinder sind fast alle Tribal-Kinder (überwiegend Ahari). Einige besuchen sehr regelmäßig die Schule, andere dagegen nicht. Die bekamen wir danach zu sehen. 250 Kinder gehen auf die Schule und haben 12 Lehrkräfte, die sie bis zur 10. Klasse unterrichten. Es gibt keinen Schulbus und so haben einige Kinder weite Schulwege in der rar besiedelten Umgebung.
Vorbereitung Mittagsmahl
Starschüler
Dann erlebten wir noch einen kurzen Sandsturm und einige Mädchen sangen uns ein Lied.
Sandsturm
singende Mädchen
In Begleitung des Starschülers und eines Lehrers besuchten wir 2 Gehöfte nebenan. In dem ersten wohnten eine vielköpfige Familie. Kinder im Schulalter spielten herum. Ein Mann fertigte aus abgelegten Kleidungsstücken Seile. Auch hier gab es interessanten Schmuck zu sehen.
Seilmacher
Beschmückte Maischapatis backende Frau
Hauseingang
Nebenan wohnte die Familie des Starschülers. Sie waren eine eher kleinere Familie mit einigen Ziegen.
Starschülerfamilie
Ziegenpferch
Wir verließen die netten Menschen und machten uns auf den Weg zum Mittagsmahl der Haarschurzeremonie-Familie. Sie war überglücklich und lumpte nicht, ihre Freude zu teilen. Das ganze Dorf war eingeladen und bekam eine gute Mahlzeit.
Esszelt
Die sah optisch nicht so super aus, schmeckte aber hervorragend. Besonders lecker war das in Öl frittiertes Brot: Bafla. Hier gibt es Infos zu Dal Bafla.
Dal Bafla und ein Laddu
Zerschneiden der Bafla-Laibe
Frittieren des Bafla
Die ganze Schule war auch eingeladen
Schulkinder
Noch ein letztes Beisammensitzen mit den Frauen
Gästinnen
und dann verließen wir die netten Menschen. Wir bedankten uns bei uns selber, dem Vorschlag des Guides gefolgt zu sein. Und ihm, dass er bereitwillig den aufgetanen Chancen folgte. Wann sonst bekommt so einen guten Einblick in das indische Leben?