Tabo -> Kalpa -> Rampur – Superstraße, Angststraße + Motorradfahrerengel

21. + 22. Oktober 2023

 

 

Ungefähr eine Stunde bevor der Bus aus Kaza vorbeikommen kommen könnte, stellte ich mich an die Straße. Dort standen auch noch ein schweigsamer Inder und eine Frau aus Spiti, die mit mir sprach. Sie ist Lehrerin. Es war Samstag und eigentlich Schule, aber sie musste ihre Tochter von einer anderen Schule einige Kilometer weiter abholen. Wir sahen wenige Fahrzeuge, aber keines wollte in unsere Richtung starten. Aber dann kam ein Taxi und die Frau fragte nach: er würde mich für 500 INR (ca. 6 Euro) nach Reckong Peo fahren, sie könne die paar Kilometer zur Schule mitkommen und der Inder könne auch gegen Bezahlung mit. Das war mir ein guter Deal und ich konnte auch vorne sitzen. Der Fahrer war Nepalese aus der Jumla-Region beim Rara-See, aber er und seine Eltern wohnten schon lange in Reckong Peo, wo sie einen guten Job hatten. Er fuhr nicht nur Passagiere sondern auch irgendwelche Fracht – und genau deswegen fuhr er an dem Tag diese Strecke. Somit waren seine zahlenden Passagiere ein guter Zuverdienst.

 

Die Straße war wirklich toll anzuschauen, es ging durch die Gebirgswüste, bei Nako, wo früher immer Erdrutsche zu Straßensperrungen führten, hatte man eine neue Straße hoch oben über dem Fluss gebaut, es ging ziemlich dicht an der tibetischen Grenze entlang und dann wurde es langsam dezent grüner bis man vor Reckong Peo Spiti verläßt und in die Provinz Kinnaur kommt. Ich hatte ja am Anfang in Kaza ein Permit bekommen, welches eigentlich schon bei der Homestaytrek-Gegend kontrolliert hätte werden können, aber da wollte es niemand sehen. Dafür hier dann doch an zwei Stellen. Da es nicht „mein Taxi“ war, hielten wir nicht für Fotos sondern ich knipste aus dem Auto raus was auch wegen der Lichtverhältnisse nicht optimal war. Aber egal – genossen habe ich die Strecke sehr!

 

1

 

2

 

3

 

4

 

5

 

6

 

7

 

8

 

9

 

10

 

11

 

12

 

13

 

14

 

Insgesamt scheinen sich mir die Straßen in Indien in den letzten Jahren gut verbessert zu haben, allerdings gehen sie in den Bergen auch noch oft kaputt und man muss hier wieder neu bauen, dort ausbessern und viel asphaltieren. Überall sieht man Straßenarbeitertrupps, deren Arbeitsbedingungen zwar elend sind, aber nicht mehr ganz so gruselig wie vor 20 Jahren. Indien scheint da jedenfalls in den nächsten Jahrzehnten nicht die Arbeit auszugehen, es gibt noch viel zu tun um einen richtig tollen Standard zu bekommen.

 

Ich hatte über booking.com eine Unterkunft in Kalpa gebucht, die hatte gute Reviews und ein Zimmer mit Bergblick. Das war allerdings nach dem ersten Fehlgriff vor Wochen in Manali mit Eva der zweite. Es war nicht gruselig, aber ich hatte mir etwas sehr anderes vorgestellt. Es fing damit an, dass ich abgeholt werden musste und der Besitzer ein ständiges „YesMam“ von sich gab. Das hat man manchmal bei Guides – es soll höflich sein, aber für mich klingt es eher mechanisch-unterwürfig und ich reagier da eher allergisch drauf. Das Haus war mitten im Wald mit einer sehr sehr holperigen Straße und noch lange nicht fertig. Unten wohnte Familie, der 1. Stock war Baustelle und im nächsten war mein Zimmer – vollkommen ohne Bergblick sondern mit Baumblick. Die Bäume verhinderten nicht nur die Bergsicht sondern auch die Sonne und so war das Zimmer kalt. Nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. Emotional hat es mich da voll erwischt, ich war wahrscheinlich unangemessen unglücklich und fühlte mich auch wegen der Abgeschiedenheit unwohl. Manchmal überkommt es einen wohl auf so Reisen. Was nun? Erstmal bin ich raus um zu schauen, ob ich eine bessere Unterkunft finden würde. Es war ein ziemlicher Anstieg nach Kalpa. Das ist ein recht hübsch gelegener Ort, aber begeistert hat er mich auch nicht – insbesondere nachdem ich paar Unterkünfte sah und diese auch suboptimal fand. Da es auch schon später war, beschloss ich, diese eine Nacht zu bleiben statt der geplanten zwei und mich dann doch wieder auf den Weg zu machen.

 

Kalpa ist also schön gelegen, hat alte Holztempel und eigentlich reicht ein Spaziergang. Hier die Bilder:

 

1

 

2

 

3

 

4

 

5

 

6

 

Am nächsten Tag ging mein Unglück weiter. Zwar brachte mich Mr. „YesMam“ zum Bushof, von dort fuhr auch bald einer in das Sangla Valley, wo ich hin wollte – aber das war auch alles anders als gedacht. Ich war 1999 schon mal im Sangla Valley und erinnerte mich, dass ich es ganz hübsch fand, mich aber seltsamerweise Kinder mit Steinen bewarfen und dass ich dem eigentlich noch eine Chance geben wollte. An was ich mich nicht mehr erinnerte war die Straße. Ich bin eigentlich ziemlich angstbefreit was indische (Berg)Straßen angeht und sitze vertrauensvoll in Bussen, die an Abgründen entlang fahren. Aber diesmal nicht. Ich saß auf der Abgrundseite und konnte sehen, wie steil es runterging und wie schmal die Straße war und überhaupt – kurz gesagt: ich hatte wirklich Angst. Aber was nun – aussteigen und in der Höhe hocken? Durchhalten – es müsste doch gleich vorbei sein? Ich hielt durch, beschloss aber für die Rückfahrt ein Taxi zu nehmen, das erschien mir sicherer als ein Bus.

 

Sangla selber riss mich dann allerdings auch gar nicht so vom Hocker. Ich fand zwar ein nettes Café, ließ dort mein Gepäck und machte mich auf Unterkunftssuche – aber Fehlanzeige! Es war entweder geschlossen oder leer oder schmuddelig furchtbar. Die Bergwelt war ganz hübsch, aber ohne schöne Unterkunft mochte ich nicht bleiben. Ich fühlte mich tatsächlich weiterhin einsam, verloren und orientierungslos. Also wieder zurück zur Hauptstraße – glücklicherweise nannte ein Taxifahrer einen akzeptablen Preis. Im kleinen Auto ging es mit der Angst und ich machte einige Bilder:

 

aus dem Bus heraus

 

Taxi 1

 

Taxi 2

 

Taxi 3

 

Taxi 4

 

Gut eingefangen habe ich es so gar nicht, einen besseren Eindruck vermittelt dieser Film (der Anfang reicht schon).

 

Ich war dann also wieder an der großen Straße, die kommt von Spiti und führt nach Shimla und dann quasi weiter nach Delhi. Vor fast 5 Wochen war ich da schon mal und wir wurden von einem Erdrutsch gestoppt. Dieser war jetzt soweit repariert, dass man wieder gut fahren konnte. Ich musste etwas warten, aber dann kam ein Bus nach Rampur (zwischen Sarahan und Shimla).

 

warten

 

In Rampur war es schon dunkel und ich überlegte, ob ich den 19:00-Uhr-Bus nach Shimla nehmen sollte und irgendwie die Nacht durchfahren oder wie oder was, guckte nach Unterkunftsmöglichkeiten auf dem Handy, fand eine edel aussehende, rief an und man bot mir einen akzeptablen Preis an. Nur – wie dahin kommen? Der Bushof lag etwas abseits und ich konnte kein Taxi erspähen. Ich fragte hier jemanden (Schulterzucken) und dort jemanden. „Dort“ war ein Mann auf einem kleineren Motorrad, der wenig englisch sprach, aber sehr sehr hilfswillig. Er lud mich auf sein Motorrad ein – mitsamt großen Rucksack hinten, kleinerem Rucksack zwischen uns und der Jacke im Arm brausten wir los. Er hatte eine andere Unterkunft im Sinn, aber ich zeigte ihm dort die auf dem Handy und bot ihm Geld an für weitere Mitnahme. Nein, nein nein! Steig wieder auf! Und dann brachte er mich zu der schickeren Unterkunft, schaute, dass ich reingehe und brauste wieder weg und wollte wirklich nix. Das dicke Danke reichte ihm.

 

Ich bekam sogar noch mehr Preisnachlass und nahm eine heiße Dusche, sank auf eine weiche Matratze und hüllte mich in eine saubere Decke. Hach! Das war so angenehm, dass ich am nächsten Morgen eine Nacht verlängerte.

 

Rampur hat ein schickes Schloss neben dem Hotel und ein billiges Mittagslokal:

 

1

 

2

 

3 (ich im Spiegel)

 

Da war die Welt dann wieder in Ordnung und meine Grollstunden vorbei. Aber Indien wäre nicht Indien, wenn nicht danach doch wieder Dinge passieren würden! Schlechte und Gute……