Am nächsten Tag schulterten wir unsere kleineren Rucksäcke und starteten zu einem 3-tägigern Trip zu weiterer Verwandtschaft von Rakhat. Die leben in einem Bauernhaus ganz oben am Rande der höheren Berge.
Man könnte auch mit einem Auto Piste fahren, aber wir wollten laufen. Zuerst noch etwas durch den Ort. Die Sonne lachte, der Himmel war blau, die Luft klar und los ging es.
Bald hatten wir die Häuser hinter uns gelassen und es ging hinein in die weite karge Landschaft.
Erstmal sieht die Landschaft so aus als sei es überall gleich. Aber wenn man läuft, sieht man doch viele Unterschiede und begegnet Lebewesen.
Und dann kam auch noch ein kleiner Reiter auf einem Esel mit einem Hund angeritten.
Zum Glück sind die hiesigen Hunde nicht mit den armenischen Hütehunden vergleichbar. Ganz brave Tiere, die mir keine Angst einjagten. Der Junge ritt zu uns, begleitete uns und aß mit uns zu Mittag. Er hat ungewöhnliche graue Augen. Rakhat fragte ihn etwas aus. Seine Eltern haben ihn für 2 Tage von der Schule befreit, weil sie einen Schafhirten brauchten. Er ist Vegetarier. Es gibt in seiner Schule einen Albino, der wird von den anderen Kindern gehänselt. Sonst wäre vielleicht er mit den hellen Augen das Opfer.
Der Junge ritt dann wieder fort und wir stapften weiter die Weite hoch. Es waren ca. 17 km und es sah flach aus, ging aber stetig bergan und war somit etwas schlappmachend.
Wir trafen weitere Pferde
Auch ein paar wenige Gehöfte waren zu sehen
Die Schneeberge wollten nicht so recht näher kommen
Und dann tauchte sie doch auf, die Farm! Wirklich das letzte Haus am Hang.
Wir gingen rein und kamen a) auf Polster um einen niedrigen Tisch zu sitzen und b) Leckereien gereicht. Selbstgebackenes Brot, selbstgemachter Blaubeerkompott, selbstgemachter Rahm. Voll lecker! Außerdem einen Milchtee, zubereitet an einem Ofen. Außerdem strahlte uns eine ältere Frau verschmitzt an, fand immer was zu Lachen und Atmosphäre und Geruch und überhaupt: fast wie in Ladakh! Hach, da habe ich mich gleich ganz wohl gefühlt!
Die 62jährige Aitengül (o.ä.) wohnt hier ganzjährig mit ihrem Mann, 2 Söhnen und einem angeheuerten Schafhirten. Wir waren seit Wochen die ersten Besucher. Sie hatte 7 Söhne, 1 starb beim dummen herumhantieren mit einer Flinte, 4 haben anderswohin geheiratet und nur 2 wollen gerne hier bleiben und die Viehwirtschaft betreiben. Aber ach, ein großes Problem plagt sie: wo bleiben die Ehefrauen und der Nachwuchs? Es wird eifrig gesucht, aber es ist keine junge Dame auffindbar, die gerne so ein Leben leben würde. Der Jüngere ist so alt wie Rakhat, der Ältere schon 38. Beide durchaus ansehnliche Kerle, freundich, zupackend und fröhlich. Aber dieses Junggesellendasein und damit die ungewisse Zukunft des Hofs, das plagt! Sie merkt langsam ihr Alter und ihr Mann hat Bluthochdruck und ist auch nicht mehr so fit.
Sie haben Unmengen von Schafen (jedes 2-400 USD wert), Hühner, Kühe, Pferde, Solarenergie und eine warme Atmosphäre. Nur fotografieren ließen sie sich nicht gerne. Also raus zu den Tieren.
Der Schafmist wird getrocknet und gepresst als Brennmaterial genutzt sowie als Unterlage für die klleinen Lämmer, die oftmals etwas feucht sind und aber Trockenheit brauchen um die kalten Nächte gut zu überstehen.
Und dann konnte ich mich gar nicht losreißen von einem frisch geborenen Lamm und die Beobachtung, wie die Mutter es ableckte, ihre Nabelschnur verlor und sich das Kleine dann bald auf seine wackeligen Beinchen stemmte und nach der Milch suchte. Mama und Kind haben gleichfarbige Bänder bekommen – dann kriegt man sie nicht durcheinander.
Das Abendessen war dann leider mein Horror mit fettem Hammelfleisch, wo ich mich selber zwang, höflich was zu essen und dann wurde mir aber etwas schlecht. Der einzige schwierige Part bei diesem Besuch.