Am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg weiter nach Westen. Dazu fanden wir einen Minibus, wo der Fahrer bzgl. seiner Sitzplätze etwas verwirrt war und es doch nur noch was im Gang gab. Ich hockte auf einem Schemelchen und Rakhat stand teilweise.
Wir überquerten den Kyzart Pass, der noch vor paar Tagen unpassierbar war. Aber die Sonne schien kräftig und so gab es kein Problem. Allerdings habe ich nicht viel davon sehen können. Dann stiegen Leute aus und ich konnte in der 2. Reihe sitzen.
Die Straße war zum Teil geteert, zum Teil nicht und wir brauchten ca. 2 Std. für 105 km. Links und rechts war Weite und dahinter schneebedeckte Bergketten. Superschön!
Bash Kuugandy ist ein 3.200-Menschen-Dorf auf 1.800 m Höhe. Es gibt Schwarzkohleabbau (die häufigste Fahrzeugart sind Laster, beladen mit Schwarzkohle) und die meisten Leuten haben Vieh (Schafe, Kühe und Hühner). Hier wohnt ein Onkel mit seiner Frau und einem Sohn, der oftmals als Lastwagenfahrer unterwegs ist. Wir sind aber erstmal gleich wieder raus und steuerten alte Ruinen an.
Was das genau früher mal war und seit wann die da stehen, haben wir nicht herausgefunden, aber es machte Spaß, dort herumzulaufen.
Als nächstes stießen wir auf einen Schäfer mit kleiner Herde.
Momentan ist die Zeit der Lämmer. In seiner Herde hatten einige der Kleinen so komische Bänder hinten unten hängend: den männlichen werden gleich die Hoden abgebunden, die dann abfallen und sie sind somit kastriert.
Außerdem trafen wir Kühe und Bienenkästen. Kyrgyzstan produziert sehr guten Honig.
Wir besuchten einen weiteren Verwandten (weiß aber den Verwandtschaftsgrad nicht), das war ein allein lebender Mann Ende 40. Dass jemand allein lebt, ist hier sehr ungewöhnlich und er ist auch nicht glücklich darüber. Vor vielen Jahren hatte er einen Unfall, wo auch eines seiner 2 Kinder starb. Er selber war schwer verletzt und es dauerte, bis sie ihn wieder fit bekamen. Danach griff er öfters zum Alkohol, hatte sehr agressive Anfälle und seine Frau fand das unerträglich und verließ ihn mit dem anderen Kind. Jetzt ist er soweit trocken und kriegt sein Leben rech gut auf die Reihe, ist aber unglüklich über seine Einsamkeit und hofft auf Rückkehr von Frau und Kind. Wir philosophierten herum über das Leben und das Glück und das Alleinsein. Für den ganz großen Teil der KirgiesInnen liegt das Glück in der Familie. Und da ich weder verheiratet bin noch war und auch keine Kinder habe, ist es für sie nicht einfach, mich zu verstehen. Unglücklich erschien ich ihnen wohl nicht, nur sehr sonderbar. Wieso ich überhaupt hierhin reisen würde, wo doch nix Interessantes ist. Dass ich aber genau ihren Alltag und die Unterhaltungen so schätze, das wunderte sie zwar, aber prinzipiell fanden sie es doch ganz gut. Der Mann hat sich wohl jedenfalls sehr gefreut, dass Rakhat und ih ihn besuchen kamen und er ein wenig erzählen konnte.
Dann musste er sich um seine Schafe kümmern und wir gingen wieder zu useren Gastgebern. Dort bereitete die Frau das Abendessen zu. Sie machte Nudeln selber, kochte Kartoffeln und Möhren und Schafsteile und servierte es auf einer großen Platte, um die wir herum saßen.
Hier das Essen in groß. Wer mich kennt, ahnt, dass dieses Fleisch für mich genau das darstellt, wovor ich mich in Kyrgyzstan gefürchtet habe. Ich bringe es nicht herunter. Aber zum Glück ga es ja genügend anderes auf dem Teller und ich kam um das Fleisch herum. Einige Teile säubert und trocknet man sorgfältig und kann danach damit spielen.
Das Paar hat sich übrigens am Wasserautomaten kennengelernt. Sie haben beide studiert. Damals gab es Wasserautomaten, wo man gegen Geld Trinkwasser ziehen konnte. Sie hatte keines, aber Durst und er half ihr aus. Und so startete die Liebe.
Sie haben ein kleines Rohr, wo eiskaltes Wasser aus der Tiefe kommt und füllen es aber in einen Behälter mit Hahn zum waschen. Wasserklo hat niemand und so muss man immer zu einem Hockklo möglichst weit entfernt vom Haus. Hier ist ein so ein Häusl (aber nicht deren).
Für nächtliche Klogänge keine Freude, aber bewältigbar. Dann wurden unsere Betten hergerichtet. In jedem Haus gibt es Quilts und Decken und Bettbezüge und so kann man leicht BesucherInnen übernachten lassen.
Vorn im Bild trocknen Nudeln. Und so ging wieder ein schöner interessanter Tag zu Ende.