Ein bisschen doof an Bhuj ist, dass es ein wenig ab vom Schuss ist und man eine ähnliche Strecke wieder nach Osten fährt. Gut ist, dass man da aber doch nochmal eindrücklich vor Augen die ganze Industrialisierung dieser Gegend bekommt. Und ab irgendwann hört das dann auch wieder auf und links ist Wüste und rechts Gestrüpp.
Und dann hatte ich auf der Landkarte ein Dorf mit meinem Namen entdeckt. Da musste ich ja unbedingt hin!
Das war für Deep auch sehr speziell, er kannte den Weg so gar nicht und wir fuhren dann nach meiner Navigation durch andere kleine Dörfer. „Highway“ auf der Landkarte ist ein bisschen übertrieben. Blöderweise hatten wir nicht bedacht, dass es dort keine Lokale gibt und hatten die letzte Mittagsgelegenheit verpasst. So war ich etwas hungrig und es reichte nur für ein Foto. Aber genau das wollte ich ja auch! Bzw. es gab kein englisch geschriebenes Dorfeingangsschild sondern nur diesen Wegweiser, aber da war das Dorf auch schon.
Alle wunderten sich über mich. Aber ich war tatsächlich sehr zufrieden. So seltsame Wünsche lassen einen dann doch ein bisschen was anderes erleben. Wie eben die unbekannten Dorfstraßen und ob man wohl findet was man sucht. Das ländliche Gujarat ist jedenfalls ganz hübsch – auch wenn ich keine Fotos gemacht habe.
Das große Ziel für diesen Tag war der Stufenbrunnen Rani ki Vav. Indien hat vor einigen Jahren neue Banknoten gedruckt, also 50, 100, 200, 500 und 1000 INR. Auf diesen sind Sehenswürdigkeiten aus dem Westen, Norden, Osten, Süden und Zentralindien, die nicht so super bekannt sind. Und bei der 100 INR Banknote ist es der Westen mit dem Rani ki Vav.
Für mich ist es eines der beeindruckendsten Bauwerke Indiens, die ich bisher gesehen habe. Und ein Weg dahin lohnt sich definitiv. Von oben sieht es gar nicht so bombastisch aus und ich hatte auch noch das Pech von Unmengen von aufgeregten Schulkindern, die umher schrien und mit Trillerpfeifen immer wieder ermahnt wurden.
Aber wenn man dann hin geht, kriegt man immer mehr Stauneaugen. Ich jedenfalls. Trotz der kreischenden Kinder.
Rani ki Vav ist der schönste, bombastischste und tollste aller Stufenbrunnen Indiens. Eine Königin (Rani) hat ihn erbauen lassen. Vav spricht man „wow“ aus – und genau das ist es. Es ist eine Art Tempel nach unten statt nach oben gebaut mit Unmengen von Skulpturen (über 500 große und über 1000 kleine). Erbaut wurde er im 11. Jhdt., dann irgendwann vom Fluss geflutet und Ende des 19. Jhdts. quasi wieder entdeckt, wobei eben nur ein bisschen was aus dem Wasser heraus ragte. In den 1940ern fing man an, es wieder hübsch zu machen und in den 80ern war man fertig. Ich habe versucht, das Teil fotografisch einzufangen, aber das ging nicht wirklich. Aber ein paar Bilder zeig ich trotzdem. Und auch welche mit Kindermassen.
Irgendwann waren die Kinder fort und ich fing an, mir die Figuren näher anzuschauen – und das lohnte sich wirklich, weil es da schon einige interessante Gestalten und Details gab.
Na, das soll hier dann mal reichen – mir hat das jedenfalls Spaß gemacht und in Staunen versetzt.
Dann habe ich beim Patola Haus nochmal gestaunt. Da war absolutes Fotografierverbot. Seit Generationen üben sie dort eine bestimmte Färberei und Weberei aus – und zwar wird erst der Faden gefärbt und aber dort „abgebunden“, wo keine Farbe hin soll. Bzw. es gibt auch Färberei in verschiedenen Stufen für mehrfarbiges. Diese Teile werden dann das Muster. Da muss man super genau arbeiten – das Resultat ist tatsächlich sehr beeindruckendes Muster, aber da man nie soooo genau Färben und Weben kann, wirkt es quasi ein bisschen verschwommen. Trotzdem faszinierend. Was man sich alles so ausdenken kann!
Die Damen der Gesellschaft trugen und tragen diese aus Seide bestehenden Saris, die sehr teuer sind und quasi auch Statussymbol. Man nennt diese Technik auch „doppeltes Ikat“. Wer mehr wissen und gucken will, muss googeln.
Danach passierte nix mehr. Jedenfalls nix, was in meinem Gedächtnis blieb. Reichte ja auch für den Tag.