Das Reisen besteht für mich meistens aus einer Fülle von vielen kleinen Erlebnissen – und damit ging es schon gut los. Ich flog mit Kuwait Airlines. Am Flughafen staunte ich, wieviel Gepäck Menschen mitnehmen und musste schmunzeln, wie oft dann am Schalter hin und her geräumt werden musste mit den Inhalten. Es waren nicht so viele eincheckende Menschen, aber sehr viele Gepäckstücke.
2 Flüge incl. umsteigen waren gut – und in Delhi ereilte mich dann wieder das Staunen. Im September kam ich zur gleichen Uhrzeit an und war fast alleine beim Einreisen. Diesmal schoben sich Menschenmassen vor den Schaltern für Nicht-InderInnen hin und her. Die meisten (gefühlt 80%) sahen indisch aus. Die jeweils vor und hinter mir klärten mich dann auf: es ist Hochzeitssaison und z.B. die ganzen schon ewig in Kalifornien lebenden und inzwischen amerikanischen PassbesitzerInnen „mussten“ zu irgendeiner Hochzeit – die vor mir nach Bikaner, die hinter mir in den Punjab. Massig Zeitverschiebung, wenig Urlaub, viel Fluggeld – und doch machen sie alle es. Interessant!
Mein nächstes Erlebnis fand mittags statt: ich besuchte Peter Hornung beim ARD-Studio. Peter ist Chef vom Radioteam und momentaner Hauptpodcaster bei den Korrespondenten in Delhi. Beim vorletzten Mal oder so wurde angemerkt, dass man sich über Besuch von HörerInnen freue. Also schrieb ich schnell abends eine Mail und hatte morgens schon eine Antwort. Ja, ich könne gerne kommen. Zwar gab es nur ein kleines Zeitfenster, aber das wollte ich nicht unbesuchend verstreichen lassen und freute mich dann sehr, den Menschen zu sehen, dessen Stimme ich schon so oft gehört hatte. Und habe dann gestaunt, dass es doch einen Unterschied zwischen Radiostimme und Unterhaltungsstimme gibt. Peter ist wirklich nett, es gab viele Gesprächsthemen, die Zeit rannte und ich habe mich sehr gefreut, einen kleinen Einblick bekommen zu haben.
Abendessen mit der Frau meines Cousins, die seit 17 Jahren zusammen sind und die ich tatsächlich das erste Mal traf, war auch sehr nett – ich denke, da wird es nochmal was extra zu geben. Die beiden haben eine Katze. Sie sitzt gerne auf dem Schreibtisch in „meinem Zimmer“ in der Sonne.
Und dann schlief ich gut und hatte am nächsten Tag ein neues Erlebnis. Ich finde es so spannend, die Unterschiede von Ländern in so kleinen Alltäglichkeiten zu erleben. Ich wollte das erste Mal jemandem in Indien ein Paket schicken. Es gab hier im Haushalt keine Kartons und ich hatte die Sachen auch ohne mitgebracht – und spazierte hoffnungsvoll zur Post. Diese hatte Google-Reviews, die z.T. negativ waren. Muffköpfe. Ich schließ mich dem an. Ich habe soooo sehr versucht, meinen Charme spielen zu lassen, aber keine Chance. Man hat nix zum Paketpacken, man bemüht sich auch nicht um Hilfe, man verweist mich nur muffelnd an ein großes Postamt zu dem ich mit einer Rickshaw fahren solle. Dazu hatte ich keine Lust. Am Vortag hatte ich aber glücklicherweise schon Freunde bei den kleinen Geschäften gefunden, wo man Geld tauscht und eine SIM-Karte bekommt. Ich ging also wieder dorthin und bei einem Schreibwarenladen fand ich tatsächlich gleich weitere Freunde. Man hatte nix um ein Paket zu packen, aber man würde mir helfen! Einer zog los und fand einen gebrauchten Karton, ein anderer entdeckte Füllmaterial, ein dritter tippte Adressen und der Hauptboss packte und füllte und klebte. Da könnten sich die Beamten nicht beschweren!
Sie taten es auch nicht sondern ignorierten mich. Bis es nicht mehr ging und nach mistrauischem Schütteln (Pakete dürfen keine Geräusche von sich geben) sie dann widerwillig einen Barcode befestigten, eine Sendungsnummer produzierten und mir Geld abnahmen. Das ganze dauerte ca. 1 Stunde. Eine interessante Stunde.
Danach wollte ich mal ein wenig Besichtigungen nachholen. Ich musste wieder ein Taxi rufen. Eigentlich fahre ich gerne Metro, aber ich wohne hier im Diplomatenviertel und die Metro wurde weitläufig drum herum gebaut. So weitläufig, dass man nicht mal mit Rickshaw hin fährt. Also lernte ich wieder Neues: ein Taxi mit der Ola-App rufen. Das ist auch manchmal aufregend. Zwar haben die Fahrer Handys mit Karten, wo Standorte eingezeichnet sind, aber sie finden einen trotzdem nicht immer und geben auf und fahren woanders hin. Selbst wenn man einheimische Wegerklärer findet, die ihnen am Telefon den Weg erklären. Diese Taxen sind fast beschämend billig und zahlreich.
Ich rief also eines und besichtigte Humayuns Tomb. Das ist ein Weltkulturerbe und ganz nett anzuschauen. Infos gibt es auf Wikipedia. Hier geht es ja eher nur um die Erlebnisse – und die hatte ich hauptsächlich mit einem jungen Mann aus Kalkutta, der mein Fotofreund wurde. Er war mit seiner Mutter unterwegs und ein enthusiastische Handyfotograf. Wir trafen uns gleich zweimal. Hier sind wir beide:
Neben Humayuns Tomb ist die Sunder Nursery, ein sehr hübsch zurechtgemachter Garten zum besuchen. Dort fand ein Bazar der dipolomatischen und internationeln Gemeinschaft statt, viele Länder hatten kleine Stände und boten Essen an, es gab Kunsthandwerk usw. zu kaufen, Vorführungen zu gucken (die ich leider verpasste) und ein DJ sorgte für spezielle abwechslungsreiche Musik. Mein Cousin wollte dort eine libysche Frau treffen und als er mir ihre Lebensgeschichte erzählte, habe ich gestaunt. Was so manche Frauen leisten! Sie war vor vielen Jahren mal seine Angestellte und muss in der geschlechtlich zweigeteilten libyschen Gesellschaft arg kämpfen. Jetzt ist sie hier die einzige Frau im Büro und hat einen arbeitslosen Ehemann. Täglich muss sie 1 Std. vor den anderen das Büro verlassen um ihrem Mann das Essen zu kochen. Das ist so. Sie hat eine tolle Ausstrahlung und ich habe mich gefreut, sie kurz kennenzulernen.
Die Frau vom Armenien-Stand hat mir etwas Apfelkuchen geschenkt nachdem ich mich beklagte, dass sie nicht den besten aller Honigkuchen, der aus Armenien stammt, gegessen hatte, Dann hat sie mir auch noch ein Buch geschenkt mit einer Geschichte aus der Zeit des Völkermords. Ich habe ihr dann aber doch eine Spende aufgedrängt. Weitere bemerkenswerte Dinge über diese Veranstaltung: Es gab einen großen pakistanischen Stand und sehr wenige europäische Länder waren beteiligt.
Wie gesagt war der DJ recht eigen mit seiner Musikauswahl. Hier mein „Highlight“:
Und dann guckten wir noch in den Park den picknickenden InderInnen etwas zu und auf der Nachhausefahrt wurde der Fahrer vor einem Geschwindigkeitsblitzer gewarnt. Sollte man geblitzt werden, kostet das seine Einschätzung nach um die 2000 INR, ca. 25 Euro.
Morgen geht es weiter in die Kälte. Aber nicht nach Ladakh….