Es ist Vorweihnachtszeit. Das ist nicht zu übersehen an den Flughäfen. Auch nicht zu überhören. Aber gewundert hat mich dann doch, dass bei Emirates beim Aussteigen in Delhi Weihnachtspopsongs aus dem Bordlautsprecher tönen. und bei Abflug kein moslemisches Gebet mehr gesprochen wird wie früher. Vielleicht auch ganz viel früher, ich weiß nicht, wann es gewechselt haben könnte. Aber diesmal ist es mir aufgefallen, dass das früher mal war.
Im Flieger waren jedenfalls gefühlt wieder eher mind. 90% indisch aussehende Menschen – bewusst habe ich gar keine anderen Reisenden ausgemacht. Aber das heißt nichts, es waren sehr viele Menschen im Flugzeug, ich habe nicht alle gesehen.
Ansonsten nichts zu berichten. Ich bin ja nun organisiert unterwegs und das ist tatsächlich einerseits ganz schön und andererseits irgendwie doch auch befremdlich. Am Flughafen stand ein freundlicher kleiner Mann für den Empfang. Und so erlebte ich halbwegs das, was Kundschaft sonst erlebt. Was aber auch mir jetzt hilft, nochmal einen anderen Blick einzunehmen. Wie wird das alles wohl wahrgenommen, wenn man das erste Mal kommt?
Er ist seit 10 Jahren in der Firma der Kontaktmann, u.a. weil er ein angenehm verständliches englisch spricht. Er könnte auch Guide machen, aber dazu braucht es eine Lizenz und die hat er nicht. Früher hat er ganz was anderes gearbeitet. Aber dieser Job, der taugt ihm wohl recht gut, er sagt, er ist zufrieden. Und es passt auch – er ist ein guter erster Kontakt.
Ich war nach dieser ganzen Sitzerei aber doch unruhig und hatte schon vorher in Erfahrung gebracht, dass es um die Ecke einen recht beliebten Tempel gibt. Also gleich los. Und auf dem Weg begegnete ich noch zwei weiteren Tempeln. Der eine war buddhistisch:
Der andere war ein Baum. Davon gibt es mehrere in Indien, die meisten sind nur Stellen, wo Bilder und Statuen stehen und die Menschen kurz innehalten. Aber manche werden auch betreut wie dieser. Die Frau hing allerdings gerade Wäsche oder sonstigen Stoff auf, weiß nicht, ob es eine religiöse Aktivität war.
Der große anvisierte Tempel heißt ISCKON und ist ein Hare Krishna Tempel. Ich glaube, so einen habe ich in Indien noch nicht gesehen. Er war recht schick hergerichtet und es schien mir, als ob man auf diversen Ebenen eifrig dabei war, Geld einzusammeln. Aber man war auch großzügig beim Verteilen von religiösen Schriften usw. Ich wurde sogar an der Kleidung gezupft, dass ich doch bitte was mitnehmen solle. Ich war allerdings widerständig.
Man konnte aber auch einfach so herumspazieren und beten und sich niederwerfen usw. Die Außenanlage war recht farbenfreudig gestaltet:
Ich habe mich mit dem Krishnakult noch gar nie wirklich beschäftigt. Grundlage für die Gemeinschaft ist die Bhagavad Gita, ein wichtiger Teil aus dem großen Mahabharata-Epos. Krishna gilt hier als Avatar des großen Gottes Vishnu und hat eine Unterhaltung mit dem Schüler Arjuna. Das wurde als religiös-philisophisches Lehrgedicht niedergeschrieben und ist Grundlage zum Lernen und Nachdenken, da es unterschiedliche Denkansätze vertritt, z.B. ob Natur-Geist oder Mensch-Gott als Zweiheit oder Einheit zu sehen sind. Bzw. es ist eben auch Auslegungssache. Das jetzt nur in kurz – ich weiß noch nicht, ob ich mich damit mal näher beschäftigen werde. Die Bahgavad Gita wurde in ganz viele Sprachen übersetzt und man kann sie erwerben.
Was ich im Tempel jedenfalls so richtig schön skurril fand war, dass die Leute zu den Priestern gehen und dann vielleicht für die Segnung oder so kurz einen Aluhut auf den Kopf gehalten bekommen. Bei dem einen war der silber, bei dem anderen gold.
Krishna ist jedenfalls ein ausgesprochen lebenslustiger Gott oder Avatar oder was auch immer. Es gibt fröhliche Geschichten über ihn und hier gab es auch diverse Deckengemälde, wo er oder sonstwer tanzend dargestellt wurde (eigentlich spielt er ja eher Flöte und betört damit andere).
Ich wusste somit auch wieder genau, warum ich Indien so mag: es gibt so richtig viel zu entdecken! Und das werde ich am nächsten Tag fortführen. Für den Ankunftstag war ich jedenfalls erstmal platt.