Girevi -> Jvarboseli – Regen, Regen, Regen

21. Juni 2023

 

 

Gerade an dem Tag, wo wir einen hohen Pass überqueren wollten, sah es aus als würde der abendliche, nächtliche und morgendliche Regen gar nicht aufhören. Aber was bleibt einem anderes übrig als Regenkleidung anzuziehen, den Schirm aufzuspannen (ich gehöre wohl zu der noch recht selten anzutreffenden Spezie von Wandererin mit Regenschirm, wobei ich das ausgesprochen angenehmer finde als nur Regenkleidung) und loszustiefeln.

 

Wir mussten zuerst die Straße ein ganzes Stück wieder zurück gehen um dann auf einer Brücke den großen Fluss zu queren, nochmal weiter zurück auf der anderen Flussseite bevor es dann den Berg hoch ging. Ich erinnerte mich daran, dass wir am Vortag mit dem Auto durch diverse Flüsse fuhren und befürchtete schon mehrfache Querungen. Und schon kam auch die erste nur wenige hundert Meter nach dem Start.

 

Nach Flussquerung

 

Ansonsten ging es ganz nett das Tal entlang mit Kühen an den Seiten.

 

Wanderung

 

Wir kamen am Dorf Parsma vorbei. Das wäre eigentlich ideal als Übernachtung für diese Tour gewesen, aber dort gab es keine Unterkünfte oder sie hatten noch nicht offen. Immerhin gab es bei dem dortigen „Straßenfluss“ eine kleine Brücke. Ich wäre ja sehr dafür, in dieser Gegend mehr davon über diese Flüsse auf den Wanderpfaden zu bauen, ich bin keine große Freundin von Flussquerungen.

 

Parsma

 

kleine Brücke

 

Und dann kam die große Brücke und wir waren auf der anderen Flussseite, wo wir durch bunt blühende Wiesen wanderten. Leider waren die bunt blühenden Wiesen im Regen sehr nass und meine unzulänglichen Wanderschuhe schnell ziemlich nass. Ich beneidete die anderen Beiden um ihre besseren Schuhe (für Langzeitreisen mit Wanderungen bleibe ich trotzdem bei meinen kleinen weichen Stiefelchen in denen ich auch gut durch Städte und so laufen mag), aber am Ende haben die auch nicht gehalten und somit war ich wieder etwas ausgesöhnt. Es war einfach zu nass.

 

große Brücke

 

nasse Wiese

 

Und dann hatten wir endlich den Punkt erreicht, wo es zum Pass hoch ging. Ich vergaß unten zu messen, aber es waren wohl um die 900 Höhenmeter nach oben. Aber trotz des Regens konnte man wenigstens etwas die Landschaft gucken und die sah trotzdem toll aus.

 

Anstiegsstart

 

bisschen weiter oben

 

Der Weg war schon toll. Weiter oben kamen große blühende Rhododendrenfelder, sehr schön. Und wir hatten Glück: es gab 2 Regenpausen und in denen haben wir Rast gemacht und was gegessen. Unterstände auch durch Felsen gab es nämlich wirklich nirgends und Essenspausen im Regen sind trotz Schirm richtig doof. Und ohne Essen und Pausen wäre es mir aber viel zu anstrengend gewesen.

 

Landschaft mit Rhododendren

 

Blüte

 

Landschaft mit Wolken

 

Landschaft

 

Hinunterblick

 

Auf den letzten beiden Bildern sind kleine Punkte zu sehen, die nach Wandernden ausschauen – und das waren auch welche! Wir waren also nicht die Einzigen. Und wie es immer so ist: man trifft sich zufälligerweise am Pass. Das war praktisch, weil wir dann jeweils Fotos von uns machen konnten. Die beiden waren 2 junge Männer aus Leipzig und im selben Guesthouse gewesen. Sie hatten sehr wenig Gepäck dabei und nur Turnschuhe, waren aber sehr flott unterwegs.

 

Als wir uns oben trafen, rief der eine gleich „Respekt“ aus als er sah, dass ich es war, die er hier oben traf. „In diesem Alter noch solche Höhen erklimmen!“ Ich war irritiert – sehe ich inzwischen schon wie 85 aus? Nein, alles was über 50 ist und solche Berge hochläuft findet er toll und hofft, dass er selber in dem Alter auch noch so fit ist. Ich bin weiterhin irritiert. Auch mit 59 fühle ich mich nicht bemerkenswert. Eigentlich habe ich sogar das Gefühl noch so ähnlich zu wandern wie mit 40, also konditionell. Habe trotzdem das Gefühl, mich mit meinen Wanderungen beeilen zu müssen, d.h. so viel wie möglich noch zu gehen bevor es wirklich schwieriger wird. Und es hat aber auch was, ein „Respekt“ zu bekommen, das freut mich schon.

 

Der Pass heißt Nakhaicho Pass und ist 2.900 m. Er ist nicht besonders markiert und auf so einer weiten grasbewachsenen Hochebene.

 

Kurz vor Pass

 

Wandergruppe am Pass

 

Passhochebene

 

2 Leipziger

 

4 Wandernde

 

Es war schon ein wenig Frust da oben – so eine schöne Landschaft! Mein Bergherz hüpfte eigentlich vor Glück – nur nicht ganz so hoch, weil es war einfach alles nur nass und somit keine Freude zum Verweilen oder Herumspringen. und wir mussten ja alles auch noch wieder runter. Dabei kamen wir an vielen vielen Kühen vorbei.

 

Nino + Kühe

 

Kühe

 

mehr Kühe

 

Eigentlich war es hier voll das Paradies. Nur eben leider nass. Und in diesem Paradies waren auch ein paar Ruinen mit einem Haus aus dem Rauch aufstieg. Mein erster Gedanke war: oh wie schön, das wäre ja vielleicht was für eine Tee-Einladung. Aber wir befanden uns ja nicht in Indien, sondern in Tuschetien. Und da gab es statt Tee Hunde. Und was für welche! Voll böse angriffslustig kamen sie kläffend auf uns zugerast. Schnell wieder Stockreaktionen und Mächtigkeitsgebahren und sie sahen erstmal von einem Angriff ab. Allerdings ließ das Gelände keinen wirklichen Umweg zu und wir mussten da eigentlich weiter durch deren Gebiet. Ein Mann kam aus dem Haus und rief die Hunde zu sich, wirkte dabei aber eher genervt und zögerlich. Nicht nett. Die Leipziger erzählten, dass sie auch gute Schwierigkeiten hatten und der eine Hund den einen schon quasi angriff und erst im letzten Moment vom Besitzer abgehalten wurde.

 

Ruinen und Haus

 

Ich war ein bisschen froh, wieder gesehen zu haben, dass man es schafft, diese Hunde im Zaum zu halten. Beim weiteren Abstieg merkte ich dann aber doch meine Müdigkeit und wie die Energie von mir gewichen war. Diese nassen Füsse, die Höhenmeter, die wenigen Pausen, das machte schlapp.

 

Wanderpfad

 

Aber es gab doch noch 3 Hindernisse in Form von Fluss. Der war ziemlich angeschwollen und es sah nach keiner guten Idee aus, ihn barfuss zu queren. Meine dünnen Turnschuhe mochte ich jetzt nicht opfern, sie waren so schön trocken im Rucksack und ich freute mich schon darauf, sie später an meine Füsse zu ziehen. Überhaupt sah die erste Flussquerung nicht so einfach aus und weil meine Füsse ja sowieso schon nass waren, bin ich mit den Wanderschuhen durch. Und lernte: es geht noch nasser als nass. Aber trotzdem gab es besseren Fusshalt und ich kam sicher am anderen Ufer an. Und bald darauf musste der Fluss noch zweimal gequert werden. Immerhin spart man Zeit, wenn man die Schuhe nicht auszieht. Mein Adrenalin war wieder ein bisschen angestiegen und ich schaffte dann auch den letzten Kilometer Abstieg. Was hab ich mich gefreut, als Häuser zu sehen waren!

 

Häuser

 

In Jvarboseli (hinten im Bild) gab es das einzige offene Guesthouse in dieser Gegend. Es war einerseits nett und der beste Bonus: sie hatten einen schönen Feuerholzofen an dem die Schuhe trocknen und ich mich wärmen konnte. Es gab allerdings nur eine Suppe und keine weiteren warmen Speisen und es war teurer (ohne mehr zu bieten) und die Leute ein bisschen geschäftstüchtiger als nur herzlich. Also nicht wirklich doof, es waren eher Nuancen im Vergleich zu den anderen Unterkünften, aber doch merkbar.

 

Ich dachte, ich würde hier aufgeben. Für den letzten Tag waren 21 km vorgesehen, weitere Höhenmeter und null Stunden Sonne. Und wie sollten meine Schuhe und Socken trotz Ofen rechtzeitig trocken werden? Die anderen beiden redeten mir gut zu, ich würde das doch prima machen. Na, erstmal schlafen und am Morgen eine Entscheidung fällen. Wie würde die wohl ausfallen?