Womit anfangen? Vielleicht der Reiseform. Einerseits hat es mich gestresst, andererseits war es schon schick und bequem. Es war eine Mischform: ich hatte Urlaub, aber paar Extra-Tage von Diamir bekommen für die Erkundung und die Kontaktkuschelei. Für Indien gibt es mehrere Agenturen, mit denen wir zusammen arbeiten – manche schon länger, manche sind erst neu. Die eine, die von Ashfaq, kannte ich ja schon bzw. ihn und seinen Bruder. Da ist es tatsächlich immer „kuschelig“, sich zu treffen. Die neuen Kollegen aus Uttarakhand sind dagegen extra aus Dehra Dun mit der Bahn angereist für ein Mittagessen. Wie schon in der ganzen vorherigen Kommunikation vermutet, mochte ich sie. Wenn es mehr Zeit gegeben hätte, wäre es sicherlich auch „kuschelig“ geworden, so war es ein bisschen doll bemüht, zu gefallen. Und Raghu, dem absoluten indischen Wildlife-Reise-Experten, trat ich mit Zurückhaltung entgegen, wohl wissend, dass ich seine Leidenschaft einfach nicht teile. Aber woran ich immer anknüpfen kann: ich möchte, dass die Reisenden eine gute Zeit haben. Und wenn denen dann etwas gefällt, woran ich nicht so die Freude habe, ist es mir aber eine Freude, deren Freude mitzubekommen. Und um da überhaupt ein bisschen mitreden zu können, ist es mir doch auch wichtig, solche Sachen selber zu erfahren.
Diese Mischung aus Arbeit und Urlaub war/ist ziemlich ideal für mich. Für mich ist Urlaub, dass ich irgendwas Neues kennenlerne, Erlebnisse anhäufe und Nachdenkfutter bekomme. Am liebsten in den Bergen – aber im Dezember war das suboptimal und außerdem mag ich ja auch andere Gegenden Indiens kennenlernen. Anders machte ich es ja auch nie, wenn ich vorher unterwegs war. Immer touristische Hintergedanken dabei. Neu war, dass diese Hintergedanken für eine andere Firma – Diamir – waren, da ich ja angestellt bin. Das bin ich noch nicht so ganz gewohnt und ich lasse mich da leicht mal von Unsicherheiten stressen. Ob es so OK ist, wie ich das (mit)gestalte. Wie ich mit den Leuten interagiere. Wie ich mich/uns darstelle. Was erzählen, was lieber nicht. Was in Erfahrung bringen, was wäre zuviel.
Ich hatte also eine recht voll organisierte Reise, wo ich mir null Gedanken machen musste oder auch durfte, was ich nun als nächstes machen oder gucken wollte. Das ist schon arg anders. Andererseits gab es mir die Möglichkeit, in kürzester Zeit sehr viel zu sehen. Auch wenn mir nun der südöstliche Teil fehlt, habe ich sehr viel gesehen. Gujarat ist ein ziemlich vielfältiger Bundesstaat mit einem breiten Angebot, was man als Reisende erleben kann. Um es hier nochmal aufzuzählen:
Und dann waren – ganz indientypisch – ja auch immer noch diese vielen Begegnungen, Beobachtungen und „Kleinigkeiten“. Eigentlich ist es schon seltsam, dass es hier so wenige westliche Reisende hin verschlägt. Andererseits hat es mein Herz nicht wirklich gefangen und ich grüble immer noch, woran das eigentlich lag. An der ganzen anderen gesichtslosen Architektur? Die Berge nicht hoch genug, die Wüste nicht wüstig genug, der Dschungel nicht mysteriös genug? Die Menschen nicht eckig, witzig, herzlich, verschroben genug? Würde sich mein Bild wandeln, wenn ich näheren Kontakt zu jemanden aufbauen würde?
Normalerweise bebildere ich meine Nachgedanken nur mit Bildern von mir, aber die meisten sind schon in die Blogposts gewandert. Dafür gibt es hier jetzt einen ganzen Haufen Essensbilder! Ich habe so oft so schön angerichtetes und leckeres Essen bekommen – und das dann auch immer geknipst. Hier nun eine ganze Bilderserie:
So ganz hab ich nicht wirklich verstanden, was das Besondere an der Küche Gujarats ist – es gab ja überwiegend Curries, die auch so ähnlich schmeckten wie sonstwo in Nordindien. Die einzige Überraschung war mal ein Dal, in welches Jaggery getan wurde.
Nach Uttarakhand war diese Gegend die zweite in Indien, wo ich kaum westliche Reisende traf. In Uttarakhand ist es auch nicht ganz so leicht mit den Unterkünften, in denen Reisende sich wohl fühlen. In Gujarat gibt es dagegen ausreichend davon. Und da auch die Straßensituation sehr gut ist, ist es von der Infrastruktur her einfach, eine Reise dorthin zu organisieren. Was ein bisschen doof wohl für viele Reisende ist, ist das doch recht häufige Fotografierverbot. Und es gibt vor Ort gar nicht so viele gute Fahrer (meine waren beide aus Rajasthan) und Guides. Aber da ist was machbar.
Was mich noch erstaunt hat: nach den 2002-Massakern an Moslemen hab ich mir irgendwie viel weniger davon in Gujarat vorgestellt, aber es waren doch relativ viele gut erkennbar gewesen und die Moschee neben der Unterkunft in Bhuj auch gut aktiv vom Minarett in der Nacht.
Ich denke: ich bin froh, dass ich Gujarat nun so recht umfassend auf die Schnelle kennengelernt habe. Aber erstmal werde ich dort wohl auch nicht wieder hinkehren. Und so eine straff organisierte Reise ist auch nicht so ganz mein Ding. Auch wenn es praktisch war.