Als letztes Ziel in Armenien steuerte ich Gyumri an. Es ist die zweitgrößte Stadt Armeniens (170.000), nur knapp an der Grenze zur Türkei. 1837 entstand sie bei einer von Russen gegründeten Festung. Sie hatte viele verschiedene Namen: Alexandropol, Leninakan und Kumajri – bis man sich auf den heutigen Namen Gyumri einigte.
Am prägendsten für die Stadt scheint das Erdbeben in 1988 gewesen zu sein. Es wurde viel zerstört und 25.000 Menschen starben. Aber es gab viel internationale Hilfe, die beim Wiederaufbau half. Hier ein Denkmal für die Erdbebenopfer:
Eine besondere zentrale Kirche ist dabei vollkommen zusammengefallen, wie man an der hier angebrachten Schautafel sieht:
Das Außen steht also schon, innen wird noch gearbeitet. Eine alte Dachspitze hat man aufbewahrt
Ein bisschen sieht man hier schon, wie die Stadt zu ihrem Adjektiv kam – man nennt sie auch die „schwarze Stadt“. Aber nicht wegen der traurigen Vergangenheit sondern wegen dem viel verwendeten schwarzen Tuffgestein zum Bauen. Das kann dann – gerade bei schlechterem Wetter – etwas traurig aussehen.
Aber eigentlich wirkt Gyumri eher heiter. IT ist ein Wirtschaftszweig auf den Armenien setzt. Man träumt von einem Ararat-Valley (als Konkurrenz zum Silicon Valley) und in Gyumri wird neben Yerevan sehr viel dafür getan. So sieht man hier viele junge Leute, es gibt viele Cafes und Geschäfte und Kunst an der Wand. Hier ein paar visuelle Eindrücke:
Es gibt auch hier einen großen Platz. Aber was eigentlich am bemerkenswertesten war, war dass ich eine Unterhaltung mit einem anderen Reisenden hatte, einem Tschechen. Ich war mit dem Taxifahrer nach Gyumri gekommen, dessen Sohn im Krieg war und hatte die Kriegsgräber gesehen und fühlte mich traurig bzgl. Armenien. Da ist es gut, mit jemandem anderen von außen die Eindrücke zu bereden. Wir wurden von unserem überaus sehr gastfreundlichem Hotelbesitzer einfach zum Frühstück zusammen gesetzt. Dafür bin ich ihm sehr dankbar – der Mann hat sowieso ein sehr sehr gutes Gästegespür. Und weil ich die Nacht vor lauter Gedanken um Krieg und Armenien und die Menschheit überhaupt wenig schlafen konnte, überfiel ich ihn auch gleich mit diesem Thema. Ob es ihm auch so ginge? Er überlegte etwas und meinte, „I may be a bit numb for that as I have seen on my travels so much of war-relicts“. Er ist sehr gerne in Ostländern unterwegs und da ist es einfach viel öfters Realität als in unserem friedlichen Mitteleuropa (außer natürlich den ganzen Kleinkriegen der Menschen untereinander). Es war ein sehr angenehmer Austausch über Reisen, andere Länder, Erfahrungen usw. Es ist immer alles so nah beieinander – der Kummer, die Freuden, das Alleinsein, der Kontakt, die Grausamkeit und Brutalität sowie das menschliche warme Miteinander. Wir haben beide länger beieinander gesessen als wir wollten/dachten. Dann musste er aber wirklich weiterreisen. Er hat eine große Freude an der Architektur, auch der sakralen. Und ich hatte eine große Freude, gerade dann einen passenden Menschen zu treffen, als ich es gebraucht habe.