Aber für das lange Stück haben wir doch die Seilbahn genommen. Ich wollte toll die ganzen Höhenmeter auf den 1.050 m hohen Girnar Hill wandern, hatte mir aber schönen Naturpfad vorgestellt. Da es ein Pilgerberg ist, waren aber auch hier wieder nur Treppenstufen – und da man oben sowieso noch viel mehr steigen musste, verzichtete ich darauf.
Der Berg ist komplett plastikfrei, d.h. man darf auch keine Plastiktüten mitnehmen. Also eingewickelte Müsliriegel oder so gehen schon, aber mein Klopapier in der Plastiktüte gegen Zerfledderung wurde aussortiert. Also die Plastiktüte, nicht das Klopapier.
Die Seilbahn bzw. es ist eigentlich so eine typische Skifahrerkapsel, ist sehr neu. Genauer gesagt die neuste in Indien. Und auch die längste. Mit dem Bau hat es etwas gedauert. Da der Berg so hoch ist und eben auch Pilgerziel, gab es massig von diesen Leuteträgern, die – berechtigt – um ihren Job fürchteten. Man versprach ihnen dann eine Ausgleichszahlung und finanzierte Shops, mit denen sie nun ihr Leben finanzieren können. Es gab auch protestierende Vogelschützende, aber die wurden vor Gericht abgewiesen. Einen Langschnabelgeier haben wir tatsächlich auch gesehen. Und natürlich war Modi hinter diesem schicken Projekt her und hat es dann auch 2020 eingeweiht. Es war jedenfalls schon ein bisschen seltsam, im prinzipiell wuseligen Pilgerindien so elegant nach oben zu schweben.
Oben ist dann so eine Art Berggrat mit mehreren prominenten Gipfeln. Auf den nächsten beiden waren Tempel und dazwischen musste man weit nach unten um dann wieder hoch zu klettern. Diese Karte zeigt das ein bisschen. Ziel war also der Dattatreya-Tempel.
Zuerst ging es aber in den Ambaji Tempel mit den wenigsten Stufen. Auch wenn es hier ein paar Jain Tempel hat, ist es hauptsächlich ein hinduistischer Pilgerberg. In Jain Tempeln sind immer so Gottheiten oder Heilige als Statuen zu sehen, die man verehrt. Im hinduistischen Tempel ist üblicherweise auch ein Priester bei den Statuen oder was da sonst verehrt wird. Es werden Zeremonien abgehalten und es gibt Räucherstäbchen und Blümchen und irgendwie ist es immer eher ein Durcheinander.
Dann konnte man einen ganz guten Blick auf die 2. Bergspitze mit dem Tempel haben:
Zuerst musste man ganz weit runter steigen und dann im Halbkreis quasi wieder hoch. Bei dem schönen Blick konnte man sich auch fotografieren lassen. Utensilien, die man dazu passend fand, waren Gitarre und Gewehre. Schon seltsam.
Die Stufen waren sehr schmal und viele Leute schon sich hoch und runter, auch Gebrechliche und Alte mit sehr langsamem Tempo. Wenige nahmen auch hier Trägerdienste in Anspruch, was bei den schmalen Stufen, der Steilheit und dem Menschenaufkommen gar nicht so einfach war.
Es war viel wärmer als gedacht und beim zurück die Stufen hoch ereilte mich ein Unwohlsein. Ich rastete lange im Schatten bei einer Wasserversorgungsstelle und schleppte mich dann bis zur Seilbahn, wo ich noch länger rastete und eine Cola trank. Dabei überfiel mich ein Frösteln. Ich wurde krank.
Das war ganz schön unpassend und reisehinderlich und überhaupt. Und um weiterzumachen, habe ich es mit Paracetamol bekämpft – und um es vorweg zu nehmen: es hat geklappt. Mit dem „Doping“ und laufender Nase habe ich die nächsten 2 Tage ganz gut bewältigt und dann war es auch wieder weg. Aber erstmal eben wieder runter mit der Seilbahn, Hotel einchecken, bisschen Mittag und ausruhen. Und dann sind wir nochmal los.
Der Bezirk Junagadh hat übrigens eine etwas turbulente Geschichte während der Gründung Indiens und Pakistans erlebt. Als die Unabhängigkeit ausgerufen wurde, gehörten sie trotz 90% Hindus zu Pakistan. 3 Monate später wurde es von Indien besetzt. Nach weiteren 3 Monaten wurde das quasi genehmigt und so gehörte es dann offiziell zu Indien. Pakistan hat es auf den Landkarten allerdings oft noch als bei sich zugehörig eingezeichnet.
In Junagadh gibt es ein großes Fort. Zu dem sind wir etwas zu Fuß gelaufen, weil überall Baustellen waren. Das hat mir gut gefallen – bisher war das Schlendern eindeutig zu kurz gekommen.
Allerdings überraschte uns das Fort mit frühen Schließzeiten. Wir durften nur noch in einen kleinen Bereich mit einem tollen Tor und einem beeindruckenden Art Brunnen gehen, zu dem man wieder viele viele Stufen runter und wieder hoch musste. Aber voll beeindruckend, was sie gebaut hatten. Fotos hab ich aber nicht gut hingekriegt.
Mehr Erfolg hatten wir dann bei ausgesprochen einzigartig designten islamischen Mausoleen. Der sogenannte Mahabat-Maqbara-Palace-Komplex entstand Ende des 19. Jahrhunderts. Mit „Fake“-Minaretten, gotischen Stilelementen und Zwiebeltürmchen wirkt das Ensemble schon sehr einzigartig.
Seit Somnath hatte sich unsere Reisegruppe um 1 Mann erweitert: Sanket. Er ist lokaler Guide, der etwas langatmig, aber witzig Geschichten erzählen kann. Im nächsten Blogpost werde ich alle Begleiter mal ein bisschen ausführlicher vorstellen. An dem Tag war erstmal weiter ruhen angesagt.