Wenn man ohne eigenes Auto/Fahrer unterwegs ist, muss man, wenn man von Karakol in den Westen Kirgistans möchte, den Umweg über Bishkek nehmen. Also tat ich das. Das Wetter war bedeckt und wurde immer dunkler, aber ich kam noch gut trockenen Fußes in der Unterkunft an.
In Bishkek traf ich mich mit Olga zum Erzählen und Essen und war noch in einer großen Moschee. Kirgistan ist ja islamisch, aber bisher habe ich nirgendwo Muezzin-Rufe gehört. Die Frauen sind unterschiedlichst angezogen, manche in Shorts und Tops, andere in verhüllende Gewänder und Kopftüchern, bei denen meistens das Gesicht frei bleibt. Im Blog von der vorigen Reise schrieb ich schon darüber, wie es sich mit der (islamischen) Religiösität hier ändert. Im Vergleich kann ich aber nicht wirklich sagen, weitere Veränderungen wahrgenommen zu haben. Bei diversen Frauen im Straßenbild weiß man auch gar nicht, ob es nicht z.B. auch Touristinnen aus anderen islamischen Ländern sind. Die in der Moschee wirkten mir so.
Und am Montag habe ich mich dann endlich auf den Weg in den Westen gemacht. Die größte Stadt ist Osh, aber da war es mir für eine durchgängige Fahrt zu weit hin und so legte ich einen Stopp in Toktogul ein. Dorthin fuhr ich in einem Sammeltaxi – da wartet man, bis es voll ist. Manchmal sitzt man sehr gequetscht – in diesem zum Glück nicht. Ich hockte mit einem Jungen in der hintersten Reihe. Zuerst fährt man durch Ebene zum Fuß hoher Berge, dann schlängelt man sich am Flug entlang dadurch und dann steigt man in Serpentinen hoch zum Too Ashuu Pass auf 3.580 m und fährt von da runter auf die Hochebene des Suusamyr Valleys. Ich saß ein bisschen ungünstig für Fotos und habe erst in Suusamyr welche gemacht. Zuerst stieg der Junge aus, dann hielten wir zum Mittag, wo u.a. ein Kind mit Schuhen an den Händen herumtollte und „Miau“ rief, dann hielten wir, weil der hintere Reifen kaputt war.
Ich war begeistert von dem Hochtal! Weite, Berge, Yurten, Tiere, frische Temperaturen – super! Nur diese gerade Straße, wo Autos durchsausten, war irritierend. So stelle ich mir auch die Mongolei vor. und davor sah es manchmal aus wie in Ladakh. Aber Vergleichen ist ja doof und so erfreute ich mich einfach an der Vielfalt von Kirgistans Bergwelt. Hier sind die Bilder von der Fahrt:
Einerseits wäre ich dort gerne verweilt, andererseits war das mit der großen Straße irgendwie schon komisch. Und so ging es dann weiter nach Toktogul, wo mich der Fahrer direkt vor die Unterkunftstür brachte. Sehr nett!
Toktogul ist auf 1.000 m Höhe und damit ziemlich warm. Hier leben über 15.000 Leute und es schaut auf den ersten Blick wie eine typische unschöne kirgisische Kleinstadt oder Großdorf aus: Schachbrettstraßen mit teils Asphalt, teils Staubbelag, Sowjetblocks hab ich noch nicht gesehen, eher kleine Häuschen oft hinter Mauern. Es gibt ein paar Unterkünfte, ist aber weit entfernt, ein touristischer Hotspot zu sein und wohl auch nicht zu werden.
Allerdings gibt es hier die Toktogul-Talsperre, die größte in Kirgistan. Sie wurde 1975 in Betrieb genommen und dient der Stromerzeugung sowie dem Hochwasserschutz. Ich zitiere aus Wikipedia: „Durch den Bau der Talsperre konnte die damalige Sowjetunion 800.000 ha vorhandene Bewässerungsfläche in Usbekistan und Kasachstan versorgen und 480.000 ha Land zusätzlich erschließen. Das Wasser wird durch den Großen Namangan-Kanal mit einer Kapazität von 60 m³/s und den Linken Naryn-Kanal mit 20 m³/s entnommen. Als der Stausee 1976 geflutet wurde, wurden im Ketmentub-Tal (Ketmen-Tjubinsk-Tal) 24 oder 26 Orte unter Wasser gesetzt und entlang der auf das Ostufer verlegten Hauptstraße neu angesiedelt. Auch eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 21.200 ha, davon 12.500 ha Bewässerungsland, ging verloren. Kirgisistan erhielt im Ausgleich für diese Verluste landwirtschaftliche Produkte, Gas und Konsumgüter. Archäologen fanden vor der Flutung mehrere Grabhügel aus dem 8. und 9. Jahrhundert.“
Wir sind hier ganz nah an Usbekistan und die haben sehr viel mit der Talsperre zu tun (auch im Wikipedia-Artikel). Von Toktogul kriegt man davon allerdings erstmal so gar nichts mit. Der See ist 65 km lang und schaut eigentlich von hier wie ein ganz normaler See aus. Man kann die 5-6 km bis zum Ufer laufen (was ich tat) oder mit dem Auto die Staubpiste fahren (was die anderen taten) und dann dort in das Wasser springen. Das war toll! Ich hatte meinen Badeanzug bei aber nicht bedacht, dass ich hier ja in muslimischen Gefilden bin und Frauen sowieso eher kaum schwimmen können sondern in voller Bekleidung höchstens in Ufernähe im Wasser hocken. Da habe ich den Badeanzug in der Tasche gelassen und bin – das erste Mal in meinem Leben – in voller Kleidung ins Wasser gesprungen. Eine neue Erfahrung, die mir aber nicht so ganz gefiel. Danach habe ich viel ausgewrungen, aber trotz des trockenen heißen Wetters trocknete die Kleidung nicht ganz so gut. Wechselsachen hatte ich nicht bei – ich ahnte das ja nicht. Und so trocknete ich an und machte mich dann auf den Rückweg und hatte Glück, dass ein Auto mit 4 fröhlichen jungen Leuten hielt, ich schob mein Handtuch unter die Hose und freute mich, die Strecke nicht nochmal zu gehen.
Viel mehr habe ich hier bisher nicht gesehen, weil ich auch ziemlich viel am Laptop mit Arbeit und Sonstigem zu tun habe. Eigentlich wollte ich nach den 2 Nächten gleich weiter, aber ich bekam eine Einladung, der ich schwer widerstehen konnte…..
Und die gibt es dann im nächsten Blogpost!