LRK -> Bhuj – Ein Weihnachtsmann in der Salzwüste

14. + 15. Dezember 2024

 

 

Am nächsten Morgen verabschiedete sich Raghu, er musste dringend heim. Wir anderen stiegen in das Auto und fuhren ziemlich weit nach Bhuj, dem Hauptort, der zum Greater Rann of Kutch gehört. Unterwegs hielten wir nur einmal für einen Jain-Tempel an der Straße. Schon erstaunlich, wie prachtvoll auch heute gebaut wird. Nebenan waren Männer mit weiteren Arbeiten beschäftigt. Man nutzt dafür Maschinen, aber auch die mit der Hand und so sind die Skulpturen auch nicht von der Stange.

 

Details

 

weitere Skulpturen

 

Die Straße war sehr gut, sehr breit und sehr befahren. Zahlreiche Trucks wummerten hin und her. Ein Tel der Straße führt nach Kandla, einem bedeutenden Hafen. Es wird Salz transportiert und Produkte der vielen angesiedelten Industrien. Hauptproduktion sind Chemie- und Mineral-Produkte, z.B. Düngemittel, Arzneimittel usw. Auch die Fabrikation von Textilien, Zement und Rohren spielt hier eine große Rolle. Die Region wurde gut gefördert in der Modi-Zeit – und so wird es für mich z.T. nun offensichtlich, wie ein Bundesstaat ausschaut, dem es wirtschaftlich besser geht. Traditionelle Erwerbszweige sind natürlich auch weiterhin vorhanden und tummeln sich ebenfalls auf der Straße.

 

Neben der Straße

 

2001 hatte es in Gujarat ein großes Erdbeben gegeben mit Epizentrum 60 km nordöstlich von Bhuj. 20.000 Menschen sind gestorben, weitere zahlreiche verletzt und obdachlos geworden. Dieses Erdbeben kommt oft in den Erzählungen vor, es hat auch einen sehr einschneidenden Effekt gehabt. So sind es eben diese Industrien, die sich um Bhuj herum angesiedelt haben. Was auch auffällig ist: die wirklich guten Straßen überall. Auch wenn sie voller Laster sind, kommt man sehr gut an denen vorbei und voran. So sagt man: es war sehr schlimm, aber es ist dann etwas Gutes daraus geworden.

 

Jahrzehnte davor, d.h. 1969 litt der Greater Rann of Kutch schon das vierte Jahr unter einer Dürre. Ein Ehepaar wollte gerade den Frauen etwas spenden, aber die sollen etwas widerwillig gewesen sein und keine Almosen haben wollen. Da kam die Idee auf, dass sie doch vermehrt ihre Stoffe bearbeiten könnten und diese von dem Ehepaar verkauft werden können. Die Stickereien sind hier nämlich unglaublich und auch unglaublich vielfältig. Jede Gemeinschaft hat ihre eigenen Muster, Materialien und Techniken. Das Ehepaar hat eine Organisation gegründet, die Shrujan heißt. Inzwischen arbeiten über 3.500 Frauen in 120 Dörfern für Shrujan. Außerdem haben sie ein Museum mit wechselnden Ausstellungen errichtet, welches ich besuchte und dort erklärend herum geführt wurde. Ich muss gestehen: schon gleich zu Anfang sauste es in meinem Kopf hin und her und ich merkte, dass es viel zu viel war, um in mir aufzunehmen. Die Gemeinschaften waren in mehrere aufgeteilt und jede ihrer Besonderheiten ausgestellt. Der Wahnsinn! Alleine schon dieses Oberteil:

 

Oberteil

 

Und dann gab es eine Stoffpuppengruppe der verschiedenen Gruppen:

 

Stoffpuppen

 

Ich hätte nie gedacht, dass es so viele Möglichkeiten der Stickerei gibt! Und wie fein manche arbeiten! Es heißt: je härter das Klima ist, desto tolleres Kunsthandwerk entsteht, weil die Leute so oft daheim sitzen müssen.

 

Wer erkennt Pfau usw.?

 

Diese Spiegelchen werden in der Region sehr oft verwandt, auch bei den Häusern. Macht mehr Licht. Mir rauschte jedenfalls der Kopf, aber ich war begeistert.

 

Danach fuhren wir zum Hotel und ich freute mich auf 2 Nächte an einem Ort. Aber oh weh! Das Hotel war wirklich gruselig! Hallig, ungeputzt, lieblos – und als ich dann im Zimmer einen Stuhl hatte, der noch zur Hälfte in der Verpackung war, wollte ich hier definitiv nicht sein!

 

hässliches Hotel

 

Zum Glück haben wir dann was Anderes gefunden, obwohl viel voll war. Und so konnte ich am nächsten Morgen entspannt zu einer Tour aufbrechen. Wir besuchten handwerkende Menschen, die ich hauptsächlich filmte und kaum fotografierte. Der erste war ein Spinner und Weber in einem netten Dorf, ein sehr fröhlicher, freundlicher Mann, mit dem wir auch noch Tee tranken.

 

Spinnen

 

Er erläuterte, dass einerseits Muster traditionell sind, andererseits man aber auch Neues dazu nimmt. Viel sei aus der Natur abgeschaut.

 

Webstück

 

Im Dorf war es recht nett. In einer Art Zentrum saßen Männergruppen beieinander.

 

jüngere Männer

 

ältere Männer

 

Und manche gingen ihrer Arbeit nach:

 

Transport

 

Dann besuchten wir auch noch andere, z.B. eine Frau, die gerade eine Auszeichnung für ihr Werk bekommen hatte:

 

stolze Frau

 

Eine andere zeigte ihren Schmuck – aber noch lieber mochte ihr ich Lächeln:

 

lächelnde Frau

 

Eine sehr alte Frau zeigte mir, wie sie Stoffe zu Formen ausschneidet und dann auf den Stoff näht.

 

nähende Frau 1

 

nähende Frau 2

 

bearbeiteter Stoff

 

Dann waren wir in einem Dorf, wo einige Hütten nett hergerichtet waren. Man nennt sie Bunghas. Rundhütten, die so ähnlich sind wie die Dhannis in Rajasthan. Zur Nacht rollten man Matten auf dem Boden aus und da schlafen dann alle beisammen. Eine Frau nahm sich meiner an und kleidete mich in die lokalen Sachen.

 

Bungha

 

Bungha innen

 

ich und Frau vor Bungha

 

Dann wurde ich noch weiter herum geführt, aber irgendwann reichte es mir doch mit diesem ganzen Warenangebot. Im Gegensatz zu manchen anderen Gegenden in Indien ist das Verkaufsgehabe wirklich dezent und das Angebot aber so hübsch und vielfältig, dass man richtig Begehrlichkeiten bekommt.

 

Stattdessen lockte mich der „White Rann“. Insgesamt ist der Rann of Kutch ein riesiges salziges Marschland mit Gestrüpp. Es hat sehr wüstenartiges Klima mit bis zu 50° im Sommer und im Winter nachts bis zum Nullpunkt. Ein besonderer Teil ist der, wo nur Salz den Boden bedeckt, ein großes touristisches Highlight. An diesem Tag kamen 3 Dinge zusammen: Sonntag, Vollmond, Besuch des Chief Minister von Gujarat. Und so war es sehr sehr voll. Ich hatte mir vorgestellt, dass es viele Stellen gibt, wo man hin kann, aber es ist nur eine, die dann auch sehr touristisch organisiert und hergerichtet wurde mit riesigen Parkplätzen und Bus-Shuttle-Verkehr über eine Art Betonmole. Ich war völlig abgeschreckt und überfordert von den Menschenmassen. Aber wo ich schon mal da war, musste ich da durch.

 

Shuttle Bus

 

Die Mole bin ich dann aber doch zu Fuß gelaufen und habe paar Bilder gemacht:

 

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Und am Ende war man dann mit zahlreichen Menschen so richtig in der White Desert. Ein bisschen erinnerte es mich an die zugefrorene Alster im Winter, wenn man darauf herumlaufen darf. Und hier lief man auf Salz und amüsierte sich mit Fotos und konnte mit Kamelkarren fahren usw.

 

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Und dann habe ich auch ihn gesehen! Den Weihnachtsmann! Er sah sehr indisch aus.

 

Ein Weihnachtsmann in der Salzwüste

 

Zurück war nicht so einfach, weil gerade der Chiefminister mit seiner Flotte ankam und die Strecke gesperrt wurde. Auch wenn es Sonnenuntergang und Vollmond gab: ich wollte lieber wieder schneller zurück bevor ich mich mit den Massen wieder drängeln musste. Auch wenn die Form des Hingelangens nicht so einfach war – direkt auf der Salzwüste, das war schon toll.

 

Und damit war nun der Teil Gujarat organisiert von der Agentur von Raghu vorbei. Den 2. Teil hatte Ashfaq unter seine Fittiche genommen. Hier hatte ich ja sehr viel Begleitung (an diesen beiden Tagen war auch noch ein lokaler Guide neben Sanket dabei), was ich etwas anstrengend fand. Ab dem nächsten Tag gab es auf meinen Wunsch nur einen Fahrer.