4,8 km
630 m hoch
235 m runter
3:10 Std.
Das klingt ja nicht viel, aber es war auch ein bisschen anders. Wir hatten eine Hütte weiter weg gebucht, aber noch 1 Tag übrig und irgendwie gab es keine wirklich gute Lösung wo wir hätten hinwandern können. Also ließen wir uns etwas offen, ob wir die Etappe zweiteilen sollten – es waren hier ja schöne Berge, die Wettervorhersage immer unsicher und bisher doch ausreichend Hüttenplatz. Wir dachten, wir entscheiden dann auf dem Weg. Warum es nun diese Hütte wurde, das war so……
Frohgemut starteten wir von der Lucknerhütte. Vorab noch einen Blick in den geräumigen ordentlichen Schuhraum mit warmen Schuhtrocknerrohren:
Sonne und blauer Himmel strahlten und wir wanderten frohgemut Richtung oben.
Es gab einen als schwieriger ausgewiesenen Pfad direkt zur Glorer Hütte, den ich mir nicht zutraute (Lydia wäre ihn definitiv gegangen). Auch dieser sollte schwierigere Passagen beinhalten. Die mit dem Seil waren es nicht wirklich.
Dann wurde es gerölliger und anders steiler. Schmaler Fußpfad und nix zum festhalten. Aber auch nicht schlimm sondern eher großartig.
Das letzte Stück war noch steiler und schmaler. Wir trafen eine holländische Gruppe. Ich fragte, ob es auf der anderen Seite vom Pass wohl noch steiler oder schwieriger sei. Eine Frau sagte: nicht wirklich, aber mehr „scary“. Oh je…. Was sie wohl meinte? Sie hatten einen Guide dabei, der sie durch das Gelände leitete.
Aber erstmal kamen wir auf dem Pass an. Der heißt Pfortscharte und ist 2.828 m hoch.
Mhm, das sah schon ein bisschen steiler aus. Ich dachte, das krieg ich hin und startete. Ich kann mich ja auch immer auf den Hintern setzen.
Problem: das reichte an einem Stück nicht mehr aus. Ich bekam Angst und sagte Lydia, dass ich umdrehen würde. Oh nein, das wäre doch doof. Sie würde helfen. Ich ließ mich darauf ein, aber es war anstrengend. Ich konnte mich nirgends festhalten und meine Füße auch nicht zu 100% aufsetzen. Der Blick zu meinen Füßen offenbarte mir auch, wie tief es da runtergeht. Angst. Zittern. Und eine beruhigende Lydia-Stimme, die stehen konnte, keine Schwierigkeiten hatte, ihren Fuß immer zur Stütze hin hielt, mir jeden Schritt leitete und mich am Rucksack stützte. Sie meinte, ab irgendwo würde ich mich auf aufrichten können, aber die Angst hatte mich im Griff, stehen schien mir unmöglich. Und so zitterte ich mich Schritt für Schritt immer weiter, vielleicht so 20-30 min lang. Voller Angst und doch Vertrauen, dass Lydia mich „rettet“. Immer voll fokussiert auf jede Bewegung. Nicht innehalten und nachspüren. Ihre Stimme begleitet mich ununterbrochen. Ich wollte weinen und alles hinwerfen, aber das ging ja nicht. Also weiter-weiter-weiter. Und dann war es tatsächlich geschafft! Die Füße fanden festen Halt, ich wagte den Stand und wir gingen bis dahin, wo es merklich besser wurde.
Ich erinnerte mich so an meinen Panikanfall in Nepal und dachte, ich würde auch weinen und rumzittern, aber diesmal war es wohl nicht so schlimm, das verging. Aber ich war geschafft. Und doch auch ein bisschen stolz, es doch geschafft zu haben. Trotz klammeraffigkeit und Hilfe. Wenn die andere Person so fest und beruhigend ist, dann schafft man doch ein bisschen mehr als alleine. Was für ein Glück ich mit Lydia hatte!
Und dann war ich einfach nur froh, es hinter mir zu haben. Knie waren ein bisschen Pudding und bisschen zittrig, aber es ging. Und belohnt wurden wir mit einer tollen Landschaft mit Tal, Fluss, idyllischen Schafen und leicht gegenüber der thronenden Salmhütte.
Wir hatten die nächste Hütte gebucht, aber wollten bei der Salmhütte fragen, ob es umzuändern ging. Wir traten ein und wurden sooo nett empfangen, dass wir ganz doll hofften, dass es klappen würde. Es ist schon spannend mit diesen Hüttenwirten, die erste ein junges Team, die 2. ein bisschen doofer Typ, die dritte so groß, dass man niemanden wirklich ausmachen konnte und jetzt eine herzliche Frau in Kittelschürze, die ein ebenso liebes Team um sich gesammelt hatte. Und die das ansonsten heftig vorhanden Testosteron abpufferten. Und Murmeltiere anzogen. Und auch für uns das mit den Übernachtungen arrangierte. Wir konnten bleiben.
Es war noch ein bisschen früh und trotz dieses Zeichens bei der Hütte gab es keinen Handyempfang.
Wir gingen diese Wiesen ein bisschen nach unten, wo es besseren Empfang. Komischerweise aber nur auf meinem Handy, Lydias zickte herum.
Dann gingen wir noch ein bisschen nach oberhalb von der Hütte und ich machte ein Bild von ihr.
Die Hütte war voll, das Essen oberreichlich und lecker, aber die Kasspatzn nicht so fotogen. Weil die Leute so lieb waren, haben wir dann doch teure Halbpension gebucht. Und hatten dann einen obervollen Bauch. Wenn es da ist, neige zumindest ich immer zum zu vielen Essen. Doof.
Hier hatten wir ja Unmengen Testosteron auf der Hütte (wir bekamen aber ein kleines Matratzenlager nur mit 2 anderen Frauen) und ich sinnierte nochmal über die Frauen am Berg. Es waren sehr wenige allein unterwegs (ich meine, es waren um die 5 herum), ein paar zu 2 Frauen und die meisten mit Partner-Männern zusammen oder in Gruppe. Männer waren in vielen Konstellationen unterwegs und zahlenmäßig jedenfalls haushoch überlegen. Da hatte sich seit 1998 nix geändert, wo ich mal mit einer Freundin in den Dolomiten das beobachtet hatte.
Viele hier wollten auf den Großglocknergipfel. Aber es gab auch noch ein paar andere, die sich an den Glocknerkronenweg hielten. 2 jungen Männern waren wir immer wieder begegnet, so auch hier. Die hatten interessanterweise unseren Weg vermieden und sind in einem Umweg um die steilen Stellen herumgekommen.
Die nächste Etappe war nun wieder sehr kurz, aber in den Bergen weiß man ja nie, was da so alles passieren kann und was man erlebt. Mir reichten jedenfalls die heutigen Erlebnisse für gute Müdigkeit. Und morgen? Gewitter? Würde ich meine neue Regenjacke endlich testen können?