Nepal – Nachgedanken

05. April 2023

 

 

Nach 2010 dachte ich, ich müsste nicht wieder nach Nepal, ich fand es nicht so reizvoll. Da aber weiterhin so viele Leute begeistert waren und ich auch Kundschaft dorthin hatte, dachte ich, ich müsste dem Land noch eine weitere Chance geben. Zumindest habe ich jetzt etwas die Faszination nachvollziehen können. Die Faszination, den wirklich riesigen Bergen so nahe zu sein – das hatte ich vorher nicht erlebt. Und auch die Berglandschaftsvielfalt allein im Annapurna-Gebiet begeisterte mich. Aber das war es auch schon fast.

 

Ich fühlte mich wie ein kleiner miesepetriger Meckerpott. Oder wollte ich mich einfach der Massenbegeisterung widersetzen? So aus Prinzip? Ich frage mich manchmal: wäre ich 1992, als ich das erste Mal den Himalaya sah, nicht nach Indien sondern nach Nepal gereist, wie anders wäre mein Leben verlaufen? Wäre ich auch Reiseveranstalterin geworden – jedoch mit Schwerpunkt Nepal? Wäre ich immer wieder hingefahren um jede Bergecke kennenzulernen?

 

Beim Ice Lake

 

Ich würde eigentlich gerne noch weitere Berglandschaften in Nepal durchwandern. Allerdings schrecken mich die Bedingungen ab:

  • die wirklich anstrengenden Straßen (und fliegen mag ich weiterhin nicht)
  • die vielen anderen internationalen Wandernden
  • das Geld (ich finde die Gebühren und Kosten teilweise unverhältnismäßig hoch)
  • die Auflagen und Organisation

 

Vielleicht ist es aber auch die Stimmung/das Gefühl, dass ich eher als „Walking Wallet“ als als Gästin angesehen werde. Wobei zu betonen ist: nicht von den einzelnen Menschen. Von denen gab mir niemand das Gefühl. Es sind eher die Strukturen mit der neuen Guideverordnung (also muss- statt kann-Bestimmung), für die es aber nicht einmal die Grundlage von ausreichend wirklich gut ausgebildeten Guides gibt, die Trekkinggebühren ohne das notiert wird, wo ich mich jeweils aufhalte und wann ich das Gebiet wieder verlasse, und die hohen Eintrittspreise a) im Vergleich zu anderen und b) für eigentlich öffentlich zugängliche Orte. Interessanterweise hatte ich am Flughafen ein Gespräch mit einer anderen Reisenden, die sogar noch heftiger ihre Erbostheit kund tat. Die gleiche Reiselänge in Japan hätte sie nur einiges mehr gekostet als die in Nepal. Und in Japan hätte sie doch wesentlich mehr geboten bekommen.

 

Vielleicht tue ich Nepal weiterhin Unrecht und sollte mich auf eine weitere Erfahrung einlassen. Immerhin sind nicht nur die hohen Berge toll sondern die Leute prinzipiell nett. Und was ich schon auch mag und schätze: es gibt einiges zu entdecken, gerade an so kleineren Beobachtungen am Wegesrand. Und es ist auch spannend: so ein kleines Land zwischen zwei Großmächten. Aber auch die anderen gesellschaftlichen Facetten wie Wirtschaft und Politik und Kultur, die in diesem Blog sicherlich zu kurz kamen, sind weitere Beobachtungen und Gespräche wert.

 

Pause am Berg

 

Da man hauptsächlich in der beeindruckenden Bergwelt unterwegs ist – insbesondere wenn einem das Wandern das Liebste ist – vergisst man leicht, dass das nur ein kleinerer Teil Nepals ist und die Lebenswelten der meisten Menschen woanders statt finden.

 

Begegnungen

 

Dieses ganze Kontakten mit anderen Reisenden, das war mir tatsächlich nicht mehr so gewohnt. Und ich habe wirklich viele sehr nette Menschen kennengelernt. Aber es hinterlässt auch einen Zwiespalt: ich möchte die Begegnungen nicht missen und doch fehlten mir die vermehrten Verbindungen mit Einheimischen. So war es definitiv eine interessante Erfahrung – aber für die Zukunft? Na, mal schauen.

 

andere Begegnungen

 

Ich kann mir gut vorstellen, weiterhin Reisen nach Nepal zu verkaufen, vielleicht sogar mal eine zu leiten. Und ich kann mir auch vorstellen, nochmal für eigene Erkundungen wiederzukommen. Nur muss ich mir im Klaren sein, dass es einfach eine andere Reisevariante ist als üblich. Oder ich finde doch irgendwo noch das, was ich eigentlich suche.

 

Und wenn es (mal wieder) anders war als gedacht und es neue Erfahrungen gab – dann ist es definitiv eine gute Reise gewesen!