Am nächsten Tag stand ein weiteres Bauwerk auf dem Plan: Der Sonnentempel in Modhera. Er ist aus dem 11. Jahrhundert und wird heute nicht mehr als Tempel genutzt. Es gibt nur einen kleinen auf dem Gelände mit einem Herrn:
Der große besteht aus einer Art Tor mit 2 Säulen, 2 Gebäuden und einem Wasserbassin. Er ist so gebaut worden, dass während der Sonnenwende jeweils die ersten Sonnenstrahlen den Sonnengott (Surya) anstrahlen. Während des längsten Sonnentages des Jahres wirft der Tempel zur Mittagszeit keinen Schatten. Es gibt auch hier viele dolle Steinhauereien usw., aber mir fehlte was zum Staunen. Und zum Entdecken. Bei späteren Nachdenkereien kam ich darauf, dass es für mich einen Unterschied gibt zwischen Besichtigen (etwas, was man erwartet, schon von Bildern kennt o.ä.) und Entdecken (im „Bekannten“ Neues sehen, irgendwelche Überraschungen finden oder so) – und ich besichtigen im Prinzip langweilig finde und entdecken toll. Hier ein paar Bilder trotzdem:
Auch hier waren schon wieder Schulkinderhorden unterwegs, die sehr aufgedreht herum kreischten.
Worauf ich mich mehr freute und mit Spannung erwartete war die Besichtigung des Ortes Modhera.Es gilt als erstes Solardorf Indiens. Leider hat mein Fahrer es nicht ganz verstanden und war nicht so enthusiastisch und so haben wir die ganzen Solar Panel und das Batterienenergieaufbewahrungssystem auf 12 ha, welches 3 km außerhalb der Stadt ist, nicht gesehen. 1300 von 1600 Häuser sollen Solarzellen auf dem Dach haben, aber ich habe tatsächlich kaum welche gesehen. Dafür gab es diese speziellen Stromzähler. Das Projekt kostete fast 9 Mio USD und wurde zur Hälfte von Gujarat und zur Hälfte von Indien finanziert. Ich bin etwas herumspaziert und hatte nette Begegnungen. Das war ein bisschen mehr wie entdecken und hat mir gefallen.
Danach konnte ich meine „Sammlung“ an seltsamen Tempeln in Indien um einen erweitern. An einer Stelle waren mal Kinder verdurstet und seitdem ist da eine Art Tempel, wo man Wasserflaschen spendet. Diese bilden einen Haufen und „bitten darum“, dass niemand wieder verdurstet.
Danach wartete wieder eine Überraschung auf mich: die Häuser in Siddhpur. Und zwar entstanden hier ab dem 19. Jhdt. pastellfarbene Häuser im viktorianischen Stil, gebaut von der Bohra Gemeinschaft, moslemischen Händlern. Heute sind viele verlassen, aber die Schönheit sieht man noch gut. Es ist ein ganzer Block, wo auf der Straße wenig los ist. Sehr speziell.
Wir fuhren weiter durch hübsche bergige Landschaft, die ich aber nicht knipste. Weiß auch nicht warum. Es sah eigentlich aus wie Südrajasthan, wohin es auch nicht weit ist. Die Berge gehören jedenfalls auch zum Aravelli-Gebirge und wird von Tribals wie Adivasi, Garasiya und Rabaris bewohnt. Auch gibt es hier noch alte Paläste mit royalen Familien, die einen Teil zum Heritage Hotel umfunktioniert haben. Also zumindest eines gibt es und zwar in Poshina. Da stieg ich ab für 2 Nächte. Ich fühlte mich tatsächlich wie in Rajasthan und auch das Programm am Folgetag war eher wie da. Und ich merkte, dass mir Rajasthan irgendwie besser gefällt. Obwohl Gujarat definitiv abwechslungsreicher ist.
Als kleiner Teaser für den nächsten Tag schon mal ein Bild von meinem Zimmer. In das Bett muss man richtig hochklettern.
An der Unterkunft bzw. auch der Gegend ist besonders, dass Gujarat ja eigentlich ein trockener Bundesstaat ist, d.h. es keinen Alkohol gibt. Der Hausherr hat allerdings ein spezielles Arrangement. Und die Tribals brauchen sich ihr Gesöff selber. Auch in Modhera schien mir, als hätten einige Herrn schon morgens dem Alkohol gefröhnt.