Pokhara -> Chame – Achyutam Keshavam Krishna Damodaram

8. März 2023

 

Ich hatte meinen kleinen Rucksack vollgestopft in der Hoffnung, dass es genau die Sachen sein würden, die ich für eine längere Trekkingzeit im Annapurna-Gebiet brauchen würde. Was ich da genau tun würde, war nicht klar, ich wollte täglich neu entscheiden, wie es mir geht und was ich gehen würde. Am Bushof hatten sich einige weitere Trekkinggesichter angesammelt und geschäftstüchtige Nepalis versorgten uns mit Kaffee, Tee und Gebäck. Dann kam der Bus, wir stiegen ein und ich kam in die letzte Reihe – immerhin Fensterplatz – zu sitzen.

 

Und dann ging das Gerüttel wieder los. Ganz hinten schüttelt es einen nochmal mehr durch und manchmal hüpfte man richtig hoch vom Sitz. Ich hatte weiterhin keine Freude an Nepal. So gar keine. Der Himmel war bedeckt, die Landschaft für mich langweilig und ich fragte mich zum vermehrten Mal, warum nur so viele Menschen nach Nepal reisen. Um nicht in vollständig schlechte Laune zu geraten summte ich den Krishna Bhajan vor mich hin (Achyutam Keshavam Krishna Damodaram) – nicht weil ich göttlichen Beistand suchte, sondern weil mich insbesondere die eine Version auf Youtube immer in bessere Laune bringt.

 

Pause

 

Nach einer Pause fing mein Nebenmann an mit mir zu reden. Das war genauso anstrengend wie die Fahrt. Ein 53jähriger Argentinier, der Unfälle und Krankheiten hatte und dem der Rollstuhl drohte, half sich nur mit Hilfe seines „Minds“ wieder daraus und erfreute sich nun wieder voller körperlicher Funktionalität und begab sich auf eine Reise um noch mehr über sein und anderer „Mind“ rauszufinden. Er war extrem begierig, mir seine gesammelten Erkenntnisse mitzuteilen und brüstete sich damit, wieviel er andere Menschen fragen würde und somit weitere Erkenntnisse sammeln würde. Nur von mir wollte er eigentlich nix erfahren, obwohl ich zuerst freudig auf das Gespräch einging und mich auf einen guten Austausch freute. Aber nix da. Anstrengend. Aber um ihm doch etwas gerechter zu sein: er war ansonsten schon noch recht freundlich und bot mir seine Jacke an als er dachte, ich würde frieren.

 

Wir schuckelten also bis nach Besisahar, einem größeren Ort auf 780 m Höhe wo die „befestigte Straße“ endet und man den Trek starten könnte. Oder man nimmt ein Sammeltaxi und fährt weiter. Das Wetter war weiterhin bescheiden, die Mitfahrenden sprangen hin und her und ich suchte nach einem Sammeltaxi und fand auch eines. Allerdings musste ich warten, bis sich 5 Mitreisende finden würden und das dauerte. Also bisschen rumlungern. Es kam eine Hochzeitsgesellschaft vorbei, aber ansonsten war nicht viel los.

 

Hochzeitsauto

 

Hochzeitsgesellschaft

 

Endlich war das Auto voll – und voll heißt auch gestopft voll. Es ist so ein Pick-up, wo mit den Reisenden auch gleich viele Waren nach oben gefahren werden. Ich saß mit einem Ehepaar meines Alters und ihrem Sohn hinten (sitzen heißt auf halben Pobacken nach vorne gezwängt, weil unsere Popos gar nicht alle richtig nebeneinander passten) und das wurde dann aber doch ganz nett. Die Familie erfreute sich vieler Scherze und lachte andauernd fröhlich vor sich hin und ich wurde dann auch mit einbezogen und das war nett. Der Sohn ist – ich glaube – 24 und Leutnant bei der Armee in Chame stationiert und wollte seinen Eltern seinen Arbeitsplatz zeigen. Wofür die Armee eigentlich üben würde, wer wäre der Feind? Kein Feind – wenn man von 2 Großmächten Indien und China umgeben sei, könne man sich keine Feindschaft leisten, nur Freundschaft. Und wer wäre der bessere Freund? Man dürfe keinen Freund bevorzugen, das wäre nicht klug. Würden nicht die Chinesen mehr unterstützen/sich einmischen? Das könne er nicht so genau sagen, aber sie würden einem insbesondere bei Wasserkraftwerkbau usw. helfen und Spezialkräfte schicken. Und ja, auch hier waren schon wieder recht viele chinesische Schriftzeichen zu sehen.

 

Und dann wurde wieder über mein Status sinniert. Unverheiratet? Ah gut, no tension, but freedom. 59 Jahre? Wow, in Nepal würden die Frauen mit 60 nur noch daheim sitzen und ihre Krankheiten pflegen.

 

Die Straße war wirklich nur Piste und wir kamen sehr langsam voran. Es fing an zu regnen. Wir sahen einige Trekkende in Regenumhängen sich die Pfade hinauf kämpfen. Ein Sammeltaxi voller Touris war liegengeblieben. Wir konnten nur die Ladenfläche anbieten, was ihnen aber nicht attraktiv erschien. Ein anderes Auto war ebenfalls liegengeblieben, aber unser Fahrer konnte wohl bei Reparatur helfen. Viel los war auf der Strecke nicht. Die Landschaft war aber schon recht spektakulär. Nur konnte ich wegen dem Geschaukel kaum fotografieren.

 

Wasserfall

 

Straße

 

Ich fing wieder an, vor mich hinzuleiden – die Hüfte haute andauernd gegen die Autotür und tat weh. Es wurde kalt und kälter und ich bibberte in zu dünner Hose vor mich hin (Rucksack unter Plane auf Ladefläche). Der Fahrer, hinter dem ich saß, musste auch das Fenster auflassen wegen Scheibenbeschlagung wegen der er trotzdem ständig wischen musste. Es wurde dunkel und mir schien, ich würde nie ankommen.

 

Und doch! Auf einmal tauchten die Häuser von Chame auf. Das liegt auf 2.650 m und sollte mein Trekkingstartpunkt sein. Der Fahrer hielt vor einer Lodge und „befahl“ mir: Hier ist dein Hotel! Ach ja? Warum dieses? Es ist das Beste! Nun gut – ich stolperte fröstelnd in einen Raum, wo es einen Ofen gab um den Touris und Guides herum saßen, eine dicke Wirtin empfing mich und wies mir ein Zimmer zu, ich schlüpfte in alle warme Kleidung, die ich mit hatte und ließ mich am Ofen nieder. Ich bekam sehr leckere Momos, die Wärme breitete sich in mir aus, die Menschen sprachen alle mit mir und ich fing an, mich wohlzufühlen. Vielleicht würde der Trek doch nicht so schlecht sein?

 

Wärme und Essen

 

Die Leute waren: 1 Australierin mit weiblicher Guide und Trägerin, 1 belgisches Paar wobei er Arzt war und beide schon mit der Einnahme von Diamox gegen Höhenkrankheit starteten mit Porter und Guide, der auch in Ladakh gearbeitet hatte und mit dem ich darüber plauderte und 2 höfliche nette Briten, der eine in Kanada lebend, der andere in Afrika (wechselnde Länder) und ihr Guide (kein Porter). Die Stimmung war wirklich nett, was ich irgendwie nicht erwartet hatte. Und so kuschelte ich mich in Schlafsack unter dicke Decke und war neugierig auf den nächsten Tag.