Reisen in Uttarakhand – Nachgedanken

Sept/Okt 2022

 

 

Als ich vor 27 Jahren in Uttarakhand war, schien es mir voller wandernder Saddhus und segnenden Priestern zu sein. Diesmal – obwohl deutlich mehr Tempel angesteuert – schienen sie mir im Verhältnis sehr viel weniger. Wenn man doch nur wüsste, ob es tatsächlich so war/ist oder ob man sich so geändert hat, dass sich auch die Wahrnehmung ändert?

 

Was mich damals völlig verwirrte – das hinduistische Gebahren – war mir inzwischen gewohnt. Und doch habe ich weiterhin sehr sehr wenig Ahnung vom Hinduismus. War halt nie so attraktiv für mich wie die buddh. Philosophie. Aber was mich anfing zu interessieren: diese Geschichten aus dem Mahabharata. Ich hatte irgendwie angenommen, sie seien so zu lesen wie die Bibelgeschichten, also irgendwie nicht so leicht. Aber es gibt sie ja aufbereitet (wie auch die Bibelgeschichten) und dann sind sie auch recht unterhaltsam. Das war also schon mal eine gute Anregung, die ich ohne die Reise nicht gehabt hätte.

 

Zug

 

Ich reise eigentlich ganz gerne mit dem Zug – aber das gibt es nur als Anreise. Ansonsten ist die Region voll von Bergstraßen, die mal besser ausgebaut sind, mal furchtbar holperig, mal fast leer, mal vollgestopft – und immer mit Gefahren von Erdrutschen – entweder durch den Sommermonsun oder der Schneeschmelze oder Sonstigem. Meine Kundschaft hatte eine Tagesverzögerung wegen einem Erdrutsch, der die ganze Straße blockierte und erst am Folgetag fortgeräumt war. Aber so war das schon immer in diesen Bergen Indiens. Nur diese größeren Katastrophen, die sind erst die letzten Jahre passiert. Da hat wohl auch der Klimawandel seine Hände im Spiel. Es ist jedenfalls nicht unbeschwerlich und man muss sich immer viel Zeit einrechnen.

 

spontane Bekanntschaft

 

Was mir nach Kyrgyzstan und Armenien nochmal mehr auffiel: diese große Freude, jemanden anzusprechen, um ein Foto zu bitten und nie nein zu sagen, wenn man selber eines möchte. Das war ich schon gar nicht mehr gewohnt. Ist aber sehr angenehm. Oben eine spontane Gruppierung von einem Israeli, mir, einer Dame aus hab-ich-vergessen und Prashant. Sie hatte uns angesprochen. Aber eben nicht nur Foto – auch so spricht man sehr schnell miteinander. Das mag ich an Indien.

 

Thali zum Mittag

 

Essen war eigentlich durchgängig gut und günstig. Viele Orte vegetarisch, d.h. man bekam nirgendwo was mit Fleisch. Westlich hatte ich außer in Rishikesh gar nicht (außer die manchmal unvermeidliche Mittags-Cola, nach der mir nur auf Reisen ist, zuhause nie). Allerdings war das Frühstücksangebot sowie das der Dhabas bei den Bergtouren beschränkt: Maggi (die 2 min Nudeln) oder Alu Parantha. Maggi mag ich nicht so – und Alu Parantha ist zwar lecker, aber am Reiseende konnte ich es eher schon nicht mehr sehen.

 

Räucherhütte

 

Direkt bei Leuten waren wir leider viel zu selten – eigentlich nur bei den Hirtenhütten und in dem einen Homestay. Ich denke, es hatte mehrere Gründe. Ich glaube, ich war diesmal auch nicht so super offen, die Zeit war kurz, ich musste mich mit dem Reisekollegen zurecht ruckeln und es beschäftigten mich auch noch ganz andere Sachen gedanklich.

 

Regenwandern

 

Pilgerwandern

 

Würde ich nochmal dorthin reisen, ich würde unbedingt einen Zelttrek in den Bergen ohne Tempel machen wollen. Die Berge sind wirklich prima und bieten einem, was man sich von Bergnatur alles wünscht. Das Pilgerwandern ist interessant und ich denke, man muss auch unbedingt eine dieser Touren mitmachen. Aber eine reicht vielleicht auch, wenn man nicht super enthusiastisch ist. Es sind eben viele Menschen unterwegs, die Pfade gepflastert und breit und die Unterkünfte pilgergerecht nicht schön. Also um Indien zu erleben ist es ein „muss“, um die Bergwelt zu erleben eher suboptimal.

 

Reisegruppe

 

„Mit Indern reisen“ ist mir immer ein Erlebnis wert! Es erlebt sich einfach alles anders als allein oder mit einem westlichen Menschen an der Seite.

 

Und jetzt die große Frage: biete ich es meiner Reisekundschaft an? Was biete ich ihr an? In Bezug auf Unterkünfte, Infrastruktur und Zugänglichkeit ist es nicht so wirklich einfach. Es gibt auch kaum westliche Reisende hier. Aber: es ist perfekt, um „Indien“ zu erleben. Eben ohne große westliche Aufbereitung. Andere indische Freunde stöhnten, es sei hier schon so kommerzialisiert. Das stimmt. Und aber auch nicht – weil es eben indisch kommerzialisiert ist. Und somit ein spezielleres Erlebnis für uns aus dem anderen Kulturkreis. Indische Reisende sind auch nochmal eine Art Sehenswürdigkeit für sich. Ich denke, ich biete es für meine Reisenden an. Aber nicht für „Erstlinge“.

 

ReiseagentInnen

 

Und trotz meines freudigen Blickes: Pferd muss nicht sein. Nur wenn es wirklich nötig ist.

 

Pferderitt

 

Würde ich also nochmal nach Uttarakhand wollen? Ja! Mit einem Zelttrek und noch 1-2 weiteren Tempeln und definitiv mehr Dörfern. Ich habe noch nicht ganz herausgefunden, welche Kultur sich hinter oder abseits der Tempel verbirgt.