Kedarnath Trip – Anreise, Überwältigung und Pferd

01. + 02.10.2022

 

 

Es gibt einen Tempel, der gehört zu beiden Pilgertouren (Panch Kedar und Chota Dham Yatra) und zwar Kedarnath. Bei der Pandavalegende, wo die verschiedenen Körperteile Shivas in Tempeln beherbergt wurden, ist dieser der für den Rumpf. Über den Tempel und die ganzen Geschichten und Bedeutungen geht es aber erst im nächsten Blogpost, hier erstmal die Anreise dorthin.

 

Die fing in Urgam ziemlich tricky an. Man wundert sich ja über manches – in Urgam darüber, warum sie die Straße durch zwei Flußquerungen gebaut haben statt eine Brücke drüber zu setzen oder so. Jedenfalls sind die Flüsse so tief, dass man nicht trockenen Fußes mit dem Motorrad durchkommt. Ich hatte keine Lust auf nasse Füße und konnte beide Stellen umwandern. Binodh hatte keine Lust auf nasse Bergschuhe und beschloss, das Stück in Badelatschen zu fahren. Und der eine Fluss stellte sich sogar als noch schwieriger heraus als auf der Hinreise und es kostete ihm viel viel Mühe und Schweiß und 1 Badelatschen, das Gefährt durchzumanövrieren. Weil es auch irgendwann lieber geschoben werden wollte.

 

Badelatschenständerhilfe

 

Dann hatten wir die Stichstraße hinter uns. Ich habe kaum Bilder gemacht, es war nicht so einfach mit dem Fahren. Nur hier am Ende bzw. Anfang. Ich mag das, wenn man den Straßen so gar nicht ansieht, wohin sie führen. Unsere anvisierte heutige Strecke war ca. 180 km lang. Ein Klacks, aber in Indiens Bergen etwas zeitraubender. Jedenfalls kamen wir erst irgendwann am nachmittag in der Zielregion an.

 

Stichstraße nach/von Urgam

 

Man ahnte es schon auf den letzten Kilometern: es würde voll sein. Aber was uns dann dort an Fahrzeug- und Menschenmassen erwartete, das hat mich völlig umgehauen. Das hab ich noch nicht gesehen! Und sorry, nicht ordentlich fotografiert – überhaupt hab ich gar nicht so viel hübsche Bilder gemacht wie üblich, aber das ist ein anderes Thema.

 

Es standen kilometerlang Auto an Auto auf der Straße. Motorrad ist super, kann man dran vorbeifahren. Es gibt den Ort Sitapur, da sind schon viele Unterkünfte, dann 1 km weiter den Ort Sonprayag.

 

Sitapur

 

Da hört die öffentliche Straße auf und alle müssen halten. Es gibt noch Sammeltaxen bis Gaurikund und ab da nur noch weiter zu Fuß oder Pferd. Es war also alles gestopft voll von diesen Autos und umherziehenden Menschenmassen, wo einem nicht ganz klar war: wollten sie direkt los, suchten Sie eine Unterkunft, waren sie schon zurück oder wie oder was. Was nun? Meine Lust, Kedarnath zu sehen, war bei null. Binodh war bisschen anders drauf: „wenn wir es schon bis hierher geschafft haben, sollten wir auch hin“. Ich habe mich mitziehen lassen – und es am Ende nicht bereut. Aber es war eine meiner anstrengendsten indischen Unternehmungen.

 

Sonprayag

 

Also erstmal Unterkunft – und das gab fast nur die Sorte „abgegammelt“ für PilgerInnen – Lautstärke natürlich inkl. Und ich hab gewusst: ich flippe aus, wenn ich das jetzt so mitmachen muss. Und dann gab es da diesen „Edelschuppen“ in Sitapur – und obwohl das weit entfernt von unserem üblichen (Preis)standard war, musste das jetzt sein. Und so wappnete ich mich auf weicher Matratze in sauberen Laken für den folgenden Tag.

 

Dieser begann mit ca. 1 km Wanderung nach Sonprayag. Aber bis zur Taxistelle kamen wir erstmal nicht, es gab eine Schlange. Und was für eine! Eine indische! Brave Menschen reihten sich hinten an und blieben auf ihren Plätzen, IdiotInnen spazierten einfach dran vorbei um direkt vorne dabei zu sein. Immer wieder. Es gab Proteste aus der braven Schlange, die nix nutzten. Es gab Polizei, die immer mal wieder einen Hauch von Ordnung reinbrachte, die sofort wieder aufgehoben wurde. Wir standen. Bewegten uns bisschen vorwärts. Standen. Verknäulten uns mit Leuten. Freundeten uns mit 10 netten Männern aus Odisha an. Standen. Schwitzten. Ergatterten einen Tee. Ergatterten 10 m. Standen.

 

Minischlangenteil

 

Und nach 2,5 Std. waren die Taxen erreicht, die viel zu wenige für die Fahrwilligen waren und eifrig hoch und runter fuhren. Wenn sie ankamen, wurden sämtliche Türen aufgerissen und Menschen stürzten sich auf Sitzplätze. Kaum Chancen, höflich zu bleiben.

 

Taxiankunft

 

Und irgendwann waren wir dann tatsächlich in Gaurikund und bereit für ein Frühstück. Neues Hindernis: alles hatte zu. Jemand war gestorben und aus Trauer blieben alle Türen verschlossen. Nur hinter manchen Rollos vermutete man Tätigkeit, wir krochen unten durch – und befanden uns bei einem Trauerbrecher, der uns Alu Parantha briet.

 

Geschlossenes Gaurikund

 

Mir war inzwischen so flau im Bauch, die Uhrzeiger auf 11:30 und mir war klar, dass ich – insbesondere mit diesen Menschenmengen – keine 16 km und 1.500 Höhenmeter schaffen würde. Aber es gab ja Pferde! Also: ich auf Pferd und Binodh stapfte los, der ist fitter als ich. Pferd war nicht wirklich Freude und Genuss, aber immerhin thronte ich über den Menschenmengen und Pferd trug mich hoch.

 

Pferdsitzstart

 

Pferd bahnt sich Weg durch Menschenmassen

 

Hochritt

 

ganz hinten oben das Ziel

 

Es gab 2 Pferdeleute mit zusammen 4 Pferden, wo man gemeinsam mit nach oben wackelte. Meine ReitgefährtInnen waren diese 2 Frauen und der 1 Herr:

 

Reitgefährtinnen

 

Reitgefährte

 

Es gab eine Mittagspause und ansonsten eilte man nach oben – insbesondere da sich der Himmel auch zu zog. Es kältete, es nieselte, es gab keine Pause für Regenjacke oder -Schirm, unerbittlich für die armen Knochen ging es weiter, weiter, weiter.

 

fast ganz oben

 

Endlich konnte ich absitzen, schüttelte die steifen Glieder, mummelte mich in warme Kleidung, spannte den Schirm auf und eilte los Richtung Tempel und Unterkünfte in ca. 2 km Entfernung. Aber ob es überhaupt so viele Betten geben würde? Ob ich Glück hatte? Ich lief los.